„Arbeitnehmer müssen entlastet werden“

„Arbeitnehmer müssen entlastet werden“

Interview mit dem CDU-Bundestagskandidaten Andreas Mattfeldt / Eintreten für Lärmschutz

 

CDU-Kandidat Andreas Mattfeldt stellt den Bundesbürgern im Gespräch mit unserem Redakteur Rolf-Dieter Vogeler Steuererleichterungen in Aussicht, damit die Wirtschaft wieder brummt. In der SPD fehlt es nach seiner Meinung an wirtschaftspolitischem Sachverstand.



Den beiden großen Parteien laufen die Mitglieder davon. Bei der CDU dürfte das mit an dem Modernisierungsschub liegen, den sie in den letzten Jahren etwa durch Politiker wie Familienministerin Ursula von der Leyen erfahren hat. Ist die CDU nicht mehr konservativ genug?
Andreas Mattfeldt: Auch Frau von der Leyen vertritt in der Familienpolitik konservative Werte. Richtig ist, dass sie ebenso wie Angela Merkel für eine ganz andere Politik steht als die, die man noch unter Helmut Kohl kannte. Ich begrüße diesen Weg ausdrücklich. Ich bin ihn in Langwedel ebenfalls gegangen und habe auf Landkreisebene schon vor zweieinhalb Jahren eine modernere Ausrichtung der Partei gefordert. Mitglieder verlieren wir übrigens nicht durch Austritte, sondern weil die CDU ein Altersproblem hat.
Was bedeutet Modernisierung inhaltlich?
Wir können zum Beispiel nicht mehr die Augen davor verschließen, dass es alleinerziehende Mütter und Patchworkfamilien gibt. Darauf müssen wir programmatisch und praktisch reagieren.

In den letzten Jahren waren deutsche Konzerne in Skandale verwickelt, die man vorher in diesem Land für fast undenkbar gehalten hätte. Betriebsräte wurden bestochen oder man hielt sich gleich eine ganze Pseudogewerkschaft. Beschäftigte und Kunden wurden beschnüffelt und ausländische Machthaber geschmiert, um Produkte zu überhöhten Preisen absetzen zu können. Was ist los in Deutschland?
Das Schmieren im Ausland, um Aufträge zu bekommen – das sind negative Auswüchse der Globalisierung. Ich halte das nicht für korrekt. Auch über die anderen Dinge müssen wir gar nicht erst reden. So geht man weder mit Kunden noch mit Mitarbeitern um. Das geht einfach nicht. Aber im größten Teil der Wirtschaft sind die Verhältnisse zum Glück völlig anders.

Trotzdem herrscht bei den Beschäftigten das große Zittern. Sie haben Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder zurückgestuft zu werden. Sie sind erpressbar geworden wie nie zuvor in den letzten Jahrzehnten. Ist da etwas aus dem Lot geraten im Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit?
Der Umgang zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern könnte in Teilen besser sein, aber im Großen und Ganzen ist er von Vertrauen geprägt. Die Ausnahmen, gerade bei den Großkonzernen, machen mir allerdings auch Sorgen.
Es sind doch nicht nur die ganz Großen. Was halten Sie von Unternehmen mit mehreren hundert Beschäftigten, die nicht einmal einen Betriebsrat haben? Das gibt es beispielsweise in Verden.
Ich habe in meiner Zeit als Führungskraft in der freien Wirtschaft nie schlechte Erfahrungen mit Betriebsräten gemacht, im Gegenteil. Wenn ein Unternehmen keinen Betriebsrat zulässt, liegt wohl auch innerhalb dieses Unternehmens einiges im Argen.
Können sich die Deutschen wirklich auf Steuererleichterungen freuen, falls die CDU die Wahl gewinnt?
Ja. Wir müssen die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft stärken. Wenn der Bürger mehr im Portemonnaie hat, gibt er auch mehr aus, und das brauchen wir, damit die Wirtschaft wieder in Fahrt kommt.

Mag sein, aber an Steuersenkungen mögen viele angesichts der gewaltigen Staatsverschuldung nicht so recht glauben.
Wer meint, das Defizit durch hohe Steuersätze abbauen zu können, ist auf dem Holzweg. Für die Wirtschaft sind niedrige Steuern gut. Wenn die Menschen mehr Geld zur Verfügung haben, können sie mehr konsumieren. Und das hat höhere Staatseinnahmen zur Folge. Damit können wir dann beginnen, das Defizit abzubauen.

Welche Steuern wollen Sie denn senken?
Ich gehe davon aus, dass die Einkommenssteuer sowohl für geringe wie vor allem auch für mittlere Einkommen gesenkt wird. Gerade der Mittelstand – damit meine ich die Arbeitnehmerschaft – muss entlastet werden. Es ist wichtig, die Binnennachfrage zu stärken. Daher dürfen Lohnerhöhungen nicht mehr durch die Steuerprogression aufgefressen werden.

Die Stärkung der Binnennachfrage wird sonst mehr von linker und Gewerkschaftsseite gefordert.

Der Unterschied zu linken Positionen besteht darin, dass diese zu sehr diejenigen im Blick haben, die den Staat vielleicht auch ein wenig ausnutzen. Uns geht es um die breite Mehrheit der Leistungsträger, um die arbeitenden Menschen. Wer jeden Tag zur Arbeit geht, hat Anspruch auf einen gewissen Wohlstand.

Sie sagen: Mittelstand stärken, Binnennachfrage stärken. Von Seiten der Wirtschaft hört man zum Teil ganz andere Töne. Da werden nicht nur längere Arbeitszeiten verlangt, sondern sogar Lohnsenkungen, etwa vom Arbeitgeberpräsidenten Hundt.
Hundt hat meines Wissens nicht gesagt, dass die Löhne sinken müssen.
Doch, hat er. Bei den Menschen muss vom Brutto mehr netto ankommen. Dafür werden wir sorgen. Und bei der absoluten Arbeitszeit liegt Deutschland bereits an der Spitze.
Fast alles, was Sie bisher gesagt haben, hätte auch ein Sozialdemokrat sagen können. Stimmt es also doch, dass sich die großen Parteien immer mehr angleichen und an eigenem Profil verlieren? Nur zum Teil. Wir unterscheiden uns in einigen Fragen immer noch massiv von der SPD. Ich bin zur CDU gekommen, weil die vielfach pragmatischere Wege geht, etwa in der Bildungspolitik.
Die SPD fordert beispielsweise den einklagbaren Rechtsanspruch auf einen Hauptschulabschluss ohne Leistung und die Einheitsschule. Aber ich kann doch nicht die Augen davor verschließen, dass die Menschen verschieden sind, auch in puncto Intelligenz. Die CDU würde auch nicht beschließen: Wir schaffen vier Millionen Arbeitsplätze. Das kann man einfach nicht beschließen. Arbeitsplätze schafft die Wirtschaft, die Politik kann nur für die Rahmenbedingungen sorgen. In der SPD fehlt es heute an wirtschaftspolitischem Sachverstand. Außerdem habe ich große Probleme mit einer Zusammenarbeit zwischen SPD und Kommunisten der Linken.

Seit 1989 gilt die Kernkraft auch in Ihrer Partei nur noch als Übergangstechnologie. Heute sorgt sich manch einer, dass die Christdemokraten nicht nur die Laufzeiten verlängern, sondern sogar neue AKW zulassen könnten.
Neue Kernkraftwerke wird es mit der Union nicht geben. Aber die Laufzeiten der Kernkraftwerke, die sicher und technologisch noch auf einem vernünftigen Stand sind, müssen verlängert werden, damit Energie nicht noch teurer wird. Es nützt auch nichts, wenn wir hier bei uns vorzeitig abschalten und dann aus Ländern mit unsicheren Atomkraftwerken Energie hinzukaufen.

Überstehen Ihre „sicheren“ Anlagen auch alle denkbaren Terrorattacken, vor denen Ihr Parteifreund Innenminister Schäuble in schöner Regelmäßigkeit warnt?
Solche Anschläge könnten auch Anlagen im Elsass treffen, die nur 50 Kilometer hinter der Grenze stehen. Aber es hat keinen Sinn, sich solche Horrorszenarien auszumalen. Vor Anschlägen ist man nie völlig gefeit.

Wie lange soll in Afghanistan noch gekämpft werden?
Ob der Einsatz tatsächlich unserer Sicherheit dient, da habe ich meine Zweifel. Ich glaube auch nicht, dass dieses Land durch Nato-Truppen befriedet werden kann. Das können nur die Afghanen selbst, da müssen wir sie hinbringen. Ich bin nicht für einen sofortigen Ausstieg, aber eine Exit-Strategie muss entwickelt werden. Was mir allerdings Sorgen macht, das sind die Menschen am Hindukusch, besonders die Frauen. Da frage ich mich, ob wir nicht aus Menschenrechtsgründen da bleiben müssten. Ich habe grundsätzlich meine Probleme mit dem Frauenbild des Islams, auch hier in Deutschland
Was möchten Sie in Berlin für den Wahlkreis erreichen?
In Osterholz und auch im Landkreis Verden haben wir das große Thema des Lärmschutzes an den Bahnen. Ich bin da schon seit Jahren engagiert. Da ist die Terrier-Methode nötig: Immer wieder ran ans Bein. Auch an der Autobahn brauchen wir mehr Lärmschutz. Breitbandtechnologie und eine bessere Verkehrssituation an der B 74 sind ebenfalls zwingend erforderlich.

Wenn Ihnen der Lärmschutz so am Herzen liegt: Was sagen Sie dazu, dass hierzulande Motorrad-, Moped- und Quadfahrer mit ihren Maschinen ganze Wohngebiete und Ortschaften terrorisieren können?

Es gibt nichts Nervigeres, als wenn Sie in einem Wohngebiet tagtäglich von solchen Fahrzeugen gestört werden. Die Dezibel-Werte dieser Maschinen müssen überprüft werden. Da ist der Gesetzgeber gefragt.