Aschermittwoch der CDU

Aschermittwoch der CDU

„Bürger momentan vernünftiger als Politiker“
 Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann
beim Aschermittwoch  der CDU
 

Von Anke Landwehr

Verden. Am Dienstag war Heini zwei Stunden in der Verdener Innenstadt unterwegs und hat nicht einen einzigen FDP-Mann getroffen. „Die waren alle beim Finanzamt – zur Selbstanzeige!“ Gelächter brandet durch den Dauelser Eichenkrug, wo im siebten Jahr der politische Aschermittwoch der Kreis- und Stadt-CDU zelebriert wird. Ehrengast diesmal: der niedersächsische Justizminister Bernd Busemann.

Heini heißt im wahren Leben Friedel Plenge und ist Ortsbürgermeister in Walle. Im Rampenlicht wird er zusammen mit Ingo Dunker (Künstlername: Peter) zum „Blödel-Duo“, das sich beim plattdeutschen Schnack über’n Gartenzaun selbst, gerne aber auch die Politik auf die Schippe nimmt. Das hört sich, übersetzt, dann so an: „Wenn du bei uns als Politiker was werden willst, musst du mindestens zweimal verheiratet gewesen sein.“ – „Oder schwul.“ In des Ministers Büttenrede kam der Witz am Dienstagabend nicht ganz so leichtfüßig daher. Was daran gelegen haben könnte, dass er vorher – wie alle anderen 150 Gäste im Saal – bei Grünkohl, Pinkel, Bauchfleisch, Kassler und Rauchenden kräftig zugelangt hatte. Das Essen war so lecker, dass manch einer sich bremsen musste, wollte er anschließend nicht ermattet in sich zusammensinken.

Busemann ahnte es selbst: „Ein Justizminister und launige Rede? Die wissen nicht, was die sich da eingehandelt haben!“ Der Emsländer, von Haus aus Rechtsanwalt und Hannoveraner-Züchter, war aus einer Plenarsitzung nach Verden geeilt und stand noch ganz unter dem Eindruck der Linken-Wortbeiträge. „Wenn man die hört, kann einem Angst und Bange werden.“
Dann machte Busemann sich erstmal Sorgen um sich selbst. Was er gerade verzehrt habe, sei mehr wert als zehn Euro (die ein Landesminister als Geschenk annehmen darf): „Wie komm‘ ich hier jetzt bloß ohne Handschellen raus?“ Die Hannoveraner-Krawatte, die der CDU-Landtagsabgeordnete Wilhelm Hogrefe als Aufmerksamkeit besorgt hatte, war sogar dreimal so teuer. Der Minister: „Sag doch, die ist schon gebraucht.“ Zwischenruf aus dem Publikum: „Schneid‘ einfach zwei Drittel ab.“ Die Wachstumsbeschleunigungsgesetze lagen Busemann allerdings mehr im Magen. Manches gehe, aber die Senkung der Mehrwertsteuer für Übernachtungen… Und: „Teile der Politik bedrohen die Leute mit Steuererleichterungen, aber die wollen die gar nicht haben“ – weil sie die gigantische Neuverschuldung mehr fürchteten als alles andere. Busemann: „Momentan sind die Bürger vernünftiger als Politiker.“ Worauf der ebenfalls anwesende CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt etwas angestrengt lächelte.

Schon westerwellte der Minister wieder, diesmal unter dem Stichwort Hartz IV: Wer die Menschen verbal aufhetze, der betreibe die soziale Spaltung. Im Übrigen sei Hartz IV handwerklich schlecht gemacht. Das habe in Niedersachsen dazu geführt, dass die Sozialgerichte doppelt so viele Fälle hätten wie üblich, nämlich 50000.

Das Land, hörte das Publikum weiter, will im öffentlichen Dienst 1500 Stellen einsparen. „Den Agrarbereich sollten wir davon aber ausnehmen“, so Busemann und Hogrefe freute sich, dass der bereits aus Fusionen entstandenen Landesbehörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften (GLL) kein Ungemach drohe.
Zwischendurch gab der Justizminister seinen Zuhörern juristische Rätsel auf. Eines – „Wann ist ein Lolli noch ein Lolli?“ – löste er unter Berufung auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln selbst: Wesenstypischer Bestandteil eines Lutschers sei der Stiel. „Ohne Stiel ist er nur ein Bonbon.“

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Verden Stadt und Land Seite: 1 Datum: 18.02.2010