Der Protest wird lauter

VON GISELA ENDERS
Langwedel·Landkreis Verden. Ein Ziel einte die etwa 1300 Menschen, die sich am Sonnabendnachmittag zu einem Protestmarsch in Schülingen formiert hatten: Es muss verhindert werden, dass der Landkreis Verden zur Asse der Erdgasindustrie wird, forderten die Teilnehmer an dem Protestzug. 
Bevor sich die Menschen in Richtung Völkersen in Bewegung setzten, warnte Thomas Vogel von der Bürgerinitiative „No Fracking“ vor den Folgen der Verpressung von Lagerstättenwasser, das die Dea in dem gefracten Bohrloch „Völkersen-Nord Z3“ plane. Einen entsprechenden Antrag hat das Unternehmen bereits beim zuständigen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie eingereicht. Probleme wie schadhafte Bohrlochzementierungen oder Erdbeben blieben dabei unberücksichtigt, so Vogel. Die Bürgerinitiativen wollen daher die Verpressung des bei der Erdgasförderung als Abfallprodukt anfallenden Lagerstättenwasser verhindern.
Unabhängige Studie gefordert
Gemeinsam mit der Bürgerinitiative „No Fracking“ kämpfen vier weitere Gruppierungen um den Erhalt einer gesunden Umwelt. So machen sich die „Rote Hand“ und die Bürgerinitiativen Odeweg-Schafwinkel, Intschede und Langwedel für eine kontrollierte Aufbereitung des hochgradig mit Benzol und Schwermetallen belasteten Abwassers stark und fordern zum Schutz künftiger Generationen eine durch den Bund oder die Landesregierung in Auftrage gegebene unabhängige Studie zum weiteren Umgang mit dem Abfall. 
Sei die Verpressung erst einmal genehmigt, würde sich das vor allem auf die Fördergebiete in Niedersachsen auswirken. Weitere Erdgasunternehmen würden auf den Zug aufspringen, das Völkerser Pilotprojekt übernehmen und sich damit einiger Millionen Kubikmeter Gift nicht rückholbar entledigen, hieß es von den Bürgerinitiativen. „Wir wollen nicht die Versuchskaninchen der Dea sein und hoffen auf eine breite Unterstützung“, so Andreas Noltemeyer, Ortsbürgermeister von Völkersen und Mitorganisator der Demonstration. 
Begleitet von Musik setzte sich der Zug der Protestierenden in Bewegung. Mit dem Einsatz von Trillerpfeifen unterstrichen die Menschen ihre Forderung nach einer alternativen Lösung des Problems. Auch Sabine und Wolfgang Fraundorf aus Dauelsen machten ihrem Unmut Luft. „Niemand hat das Recht, die Umwelt zu zerstören“, sagte das Ehepaar. Anna Gerken, 13 Jahre alt, hatte ihre Gefühle auf einem selbst gefertigten Schild ausgedrückt und fordert gemeinsam mit zwei Freundinnen einen immerwährenden Zugang zu reinem Wasser. 
Pünktlich um 16 Uhr erreichten die Menschen den Sportplatz in Völkersen, wo die Kundgebung im Beisein der Bundespolitiker Christina Jantz (SPD), Andreas Mattfeldt (CDU) und Herbert Behrens (Linke) ihren Abschluss fand. Die Protestierenden forderten die Politiker auf, den Gaskonzernen keine gesetzlichen Schlupflöcher zu bieten. Der Deutsche Bundestag hatte am Donnerstag in erster Lesung die Gesetzentwürfe debattiert, die neue Regelungen für die Erdgasförderung und das sogenannte Fracking vorsehen. Kernpunkt: Gas-Fracking in Deutschland soll unter strengen Auflagen zu Probezwecken erlaubt werden.
Überall werde für die Förderung von Erdgas geworben, die damit verbundenen Probleme werden jedoch verschwiegen, sagte Andreas Mattfeldt den Besuchern. Christina Jantz sagte im Hinblick auf die Beratungen: „Wir sehen Änderungsbedarf und fordern, dass der Umgang mit Lagerstättenwasser schärfer geregelt werden muss.“
Wie die Dea kürzlich mitteilte, solle an der Förderstelle Völkersen-Nord Z3 allerdings kein Lagerstättenwasser „verpresst“ werden. „Vielmehr geht es bei dem Projekt um die drucklose Rückführung von insgesamt rund 90 000 Kubikmetern Lagerstättenwasser pro Jahr in mehr als 5000 Meter Tiefe“, sagte Heinz Oberlach, Sprecher der Dea.

 


Gemeinsam stark: Rund 1300 Demonstranten gingen auf die Straße und machten ihren Unmut deutlich. Sie wollen das Verpressen von Lagerstättenwasser in einem frei gewordenen Bohrloch in Völkersen verhindern FOTOS: FOCKE STRANGMANN

Auf zahlreichen Plakaten machten die Demonstranten deutlich, was sie von den Plänen der Dea halten.
Verden Stadt und Land und Achimer Kurier vom 11.05.2015