Eine Langwedelerin im US-Kongress
Janika Koske absolviert im Rahmen des Parlamentarischen Patenschafts-Programms ein Praktikum in Washington
Die 24-jährige Langwedelerin Janika Koske ist Stipendiatin des Parlamentarischen Patenschafts-Programms des Deutschen Bundestags und des US-Kongresses. In einem Interview mit unserem Redakteur Michael Kerzel berichtet sie von ihrem Praktikum im Kongress in Washington und ihrem Aufenthalt in den Vereinigten Staaten.
Wie haben Sie von dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm erfahren?
Janika Koske: Vom PPP habe ich erfahren, als ein Teilnehmer des vergangenen Jahres in meiner Berufsschulklasse von seinen Erfahrungen berichtete. Da ich das Programm interessant fand, habe ich mir mehr Informationen besorgt.
Wie ist die Bewerbung gelaufen?
Für die Bewerbung bekommt man einen ziemlichen Stapel an Formularen, der ausgefüllt und an die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) geschickt werden muss. Von persönlichen Daten bis zum Motivationsschreiben ist alles dabei. Passende Kandidaten werden zu einem Auswahltag eingeladen und müssen Tests machen sowie Gespräche auf deutsch und englisch führen. Nachdem alle Kandidaten angeschaut wurden, wird den Bundestagsabgeordneten eine Auswahl vorgeschlagen. Der Abgeordnete hat dann die Gelegenheit, jeden Bewerber einzuladen, um dann den Teilnehmer zu nominieren.
Welchen Eindruck hatten Sie am Anfang von den USA?
Zunächst kam mir alles riesig vor. Man muss sich vorstellen, dass in den USA alles eine Nummer größer ist als in Deutschland: Straßen, Supermärkte, Berge, Parks. Wenn man dann auf der Reise von der Ost- an die Westküste ist und zeitlich genau so lange braucht, wie von Deutschland nach New York, dann bekommt man einen ganz guten Eindruck davon, wie riesig das Land überhaupt ist.
Was für Aufgaben haben Sie im Kongress?
Ich beantworte die Post und E-Mails, die täglich reinkommen, und ich beantworte Wähleranrufe. Ich hatte auch die Möglichkeit, an vielen Hearings, also Sitzungen und Veranstaltungen, oder auch internen Fortbildungsseminaren teilzunehmen. Praktikanten geben außerdem Touren durch das Kapitol und organisieren die amerikanischen Flaggen, die über dem Kapitol geweht haben und die jeder Bürger bestellen kann.
Haben Sie eine Flagge für sich geordert?Eine Flagge, die über dem Kapitol geweht hat, wird mit nach Deutschland fliegen.
Wie lief die Zusammenarbeit mit dem Kongress-Abgeordneten?
Jedes Büro ist sehr unterschiedlich, aber in meinem Fall arbeite ich mit einem sehr aufmerksamen Congressman zusammen. Während der Sitzungszeit ist er immer bei sehr vielen Terminen und man sieht ihn oft nur vorbeilaufen, aber er nimmt sich jeden Morgen die Zeit, sein Team zu begrüßen, und sobald fünf Minuten Zeit zwischen den Terminen ist, informiert er sich bei uns über die Telefonate und E-Mails der Bürger sowie die Themen, die auftreten.
Wie wurden Sie im Kongress aufgenommen? Ich wurde sehr gut aufgenommen und sofort in das Team integriert. Auch wenn ich als Praktikant natürlich ganz unten in der Nahrungskette stehe, hat mich das nie jemand spüren lassen. Grundsätzlich ist Capitol Hill sehr freundlich, und man kann in den Gängen jeden fragen.
Was macht Ihnen beim Praktikum am meisten Spaß?
Am meisten Spaß macht mir der Umgang mit den Bürgern. In den vielen Telefonaten, die täglich das Büro erreichen, bekommt man einen tiefen Einblick darin, was die Leute draußen wirklich beschäftigt. Klar, rufen die meisten Leute an, um ihrem Ärger Luft zu machen, aber dann gibt es auch Menschen, die sich bedanken. Toll ist auch, die Wähler persönlich zu treffen, wenn ich ihnen beispielsweise eine Tour durch das Kapitol gebe.
Welche Vorurteile haben sich bestätigt, welche nicht?
Definitiv bestätigt hat sich, dass Amerikaner nicht gerne zu Fuß unterwegs sind. Es gibt für fast alles einen „Drive-Thru“ (Banken, Apotheken, Supermärkte, Kaffeeläden …). Man erkennt die Fußgängerminderheit auch im täglichen Straßenverkehr. Wenn es Fußgängerwege gibt, hören diese meist plötzlich im Nirgendwo auf. Bestätigt hat sich auch, dass quasi alles mit Kreditkarte gezahlt wird, manchmal gibt es gar keine Barzahleroption. Positiv überrascht wurde ich dagegen vom Fastfood-Konsum. Es gibt zwar an jeder Ecke Fastfoodläden, aber die Familien, die ich kennengelernt habe, gehen kaum dort essen. Auch dass Amerikaner überdurchschnittlich dick sind, kann ich nur teilweise bestätigen.
Wo liegen die großen Unterschiede zu Deutschland?
Die größten Unterschiede sind wahrscheinlich, dass das Leben hier um einiges schnelllebiger ist. Die Menschen arbeiten unglaublich viel und auch an Feiertagen haben fast alle Geschäfte rund um die Uhr geöffnet. Außerdem fällt mir auf, dass alles viel extremer ist als in Deutschland. Es gibt hier natürlich – wie bei uns auch – multikulturelle Gegenden. Hier ist es dann aber so, dass in bestimmten Vierteln nur Menschen aus einer bestimmten Kultur wohnen, und auch die Läden und Sprache die der jeweiligen Nationalität ist.
Was nehmen Sie aus den USA mit und was konnten Sie aus Deutschland einbringen?
Ich nehme persönlich sehr viel mit. Was man hier vor allem lernt, ist, noch offener zu sein und Dinge einfach auszuprobieren. Dazu gehört dann auch mal, alleine zu Veranstaltungen zu gehen, um Anschluss zu finden. Viele Amerikaner, denen ich begegne, sind sehr interessiert an Deutschland und haben Fragen, was immer eine gute Gelegenheit ist, etwas aus unserer Kultur zu teilen oder Leute über aktuelle Themen aufzuklären. Ich koche gerne, und da ist es auch eine tolle Möglichkeit, Rezepte auszutauschen. In meinem Kongressbüro habe ich meinen Kollegen „Moin, Moin“ beigebracht. Jeden Morgen, wenn ich das Büro betreten habe, wurde ich dann damit begrüßt, was ich ziemlich lustig fand.