Erdbeben: Betroffene bohren nach

Seitdem am 22. November 2012 in Langwedel die Erde bebte, warten viele Bürger auf eine Entschädigung für die Risse an ihren Häusern. Unter der Federführung des Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeldt (CDU) haben 30 von ihnen eine Resolution an die Gemeinde Langwedel unterzeichnet.

VON ANNA ZACHARIAS
Langwedel. Seine Frau war in Panik, als sie Norbert Walch am Abend des 22. Novembers 2012 anrief. Die Wände ihres Hauses in Völkersen bei Langwedel bebten, es gab eine dröhnende Erschütterung und ihr Mann konnte ihr nur raten: „Lauf nach draußen, schnell!“. Später zeigten sich deutliche Risse an den gerade frisch renovierten Wänden, mit der Zeit wurden sie immer größer. Dass das Beben auf die Erdgasförderung der RWE-Dea AG zurückzuführen sein könnte, lag nah. „Aber wie soll ich das beweisen?“, fragt sich Walch, stellvertretend für um die 90 Hausbesitzer, die einen Schaden gemeldet haben.

Über fünf Monate nach diesem Vorfall sind die Betroffenen noch im Unklaren darüber, ob der Energiekonzern für den Schaden aufkommen wird. Einige von ihnen hatten sich am Montagabend zu einem vom Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeldt (CDU) ins Leben gerufenen Stammtisch versammelt und eine Resolution an die Gemeinde Langwedel verfasst. Der Vorwurf lautet, dass diese nichts zur Unterstützung der Betroffenen beigetragen habe.

„Wir fordern, dass sich die Gemeinde um die betroffenen Bürger kümmert und eine Schlichtungsstelle einsetzt“, sagte Mattfeldt. 60 Häuser sind bereits von einem Gutachter in Augenschein genommen worden, weitere zehn sind geplant. In den kommenden sechs bis acht Wochen sollen die Untersuchungen abgeschlossen sein, sagte Mattfeldt. Wann es einen Zwischenbericht zur Ursache geben wird, sei offen. Zweifel an der Objektivität des Gutachters, der von der RWE-Dea AG bezahlt wird, wurden am Montagabend ebenfalls laut. Mattfeldt kritisierte, dass der aus Verden stammende Gutachter keine Erfahrung mit der Begutachtung von Bergschäden habe.

Der Langwedeler Bürgermeister Andreas Brandt (SPD) zeigte sich überrascht von der Resolution, die er am Dienstag erhalten hatte. Er habe die RWE-Dea nach dem Erdbeben in die Pflicht genommen, einen Gutachter zu beauftragen, den er für objektiv halte, und er kümmere sich persönlich um die Angelegenheit. Anders als in dem Schreiben dargestellt, sei der Gutachter nicht direkt von der Gemeinde beauftragt worden, was Mattfeldt eigentlich bekannt sein müsse. Brandt wolle die Resolution schriftlich beantworten. Er selbst befasse sich mit dem Thema und frage sich auch, warum er nicht zu dem Stammtisch eingeladen worden sei. „So bald es Neuigkeiten gibt, wird es eine Informationsveranstaltung geben“, sagte er. Gegenüber der RWE Dea habe er verlangt, dass die Schäden kulant entschädigt werden.

Darauf hofft auch Großhändler Marco Sündermann. An seinem Betrieb in Langwedel ist ein Schaden von 25 000 Euro entstanden. Seine Erdbeben-Versicherung half dem Geschäftsmann jedenfalls nicht weiter. „Seitens der Versicherung müsste ich beweisen, dass das Erdbeben natürlicher Ursache war. Seitens der RWE-Dea, dass die Gasbohrungen die Ursache waren“, stellte er frustriert fest. Wie andere Hausbesitzer auch hat er die Sorge, dass seine Immobilie irgendwann nichts mehr wert sein könnte. „Wenn nicht bald saniert wird, zieht immer mehr Feuchtigkeit in die Risse“, gab er zu bedenken.

Das Ergebnis einer Untersuchung zu den Ursachen des Bebens seitens der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) soll bis Ende Juni vorliegen. „Dass Fracking die Ursache für das Beben war, ist sehr wahrscheinlich“, sagte Mattfeldt.

Eigentlich habe sich auch ein Vertreter des Landesbergamtes zu dem Stammtisch angekündigt, doch Mattfeldt bekam kurzfristig eine Absage. „Angeblich, weil die Veranstaltung nicht öffentlich ist. Ich weiß nicht, wie es noch öffentlicher gehen soll“, sagte der sichtlich verärgerte Mattfeldt.
Ein Sprecher der Behörde erklärte dazu am Dienstag, man habe sich gegen die Teilnahme entschieden, weil der Stammtisch nur Teile der Gemeinde erreiche und es zudem nichts zu berichten gebe. Wenn die Untersuchungsergebnisse vorliegen, sei ein öffentliche Informationsveranstaltung mit der Gemeinde geplant.

Das sogenannte Bergschadensrecht, erläuterte Mattfeldt gegenüber den Betroffenen, greife auch bei der Erdgasförderung. Er wolle am 8. Mai einen neuen Gesetzentwurf ins Kabinett einbringen, der unter anderem die derzeitige Lage der Beweislast bei Tiefbohrungen ändere. „Dass die RWE-Dea ihren Gewinn aus der Region zieht und uns mit den Schäden allein lässt, ist nicht hinnehmbar“, sagte Mattfeldt zum Ende der Veranstaltung.