Erfahrungen eines Austauschschülers
„Hier gibt es richtig gutes Essen“
Austauschschüler Joshua Habig wohnt derzeit in Ottersberg / Vor allem die Mahlzeiten haben es ihm angetan
Von Inka Sommerfeld Landkreis Verden. „Mit gefällt es hier“, bekennt Joshua Habig. Er ist begeistert von Deutschland. Der 18-Jährige kam im Rahmen des Parlamentarischen Patenschafts-Programms nach Deutschland, ein auf Gegenseitigkeit ausgelegtes Jugendaustauschprogramm zwischen Deutschland und den USA. Bundestagsabgeordneter Andreas Mattfeldt ermöglichte Joshua einen elfmonatigen Aufenthalt im Kreis Verden als Botschafter seines Landes, um zu einer besseren Verständigung zwischen jungen Deutschen und Amerikanern beizutragen, heißt es auf der Internetseite des Deutschen Bundestages.
„Ich würde es wieder machen“, sagt der junge Mann aus Denver (Colorado). Seit August lebt er in Deutschland, den ersten Monat verbrachte er in einem Sprachcamp in Magdeburg. Dann ging es nach Ottersberg – in seine Gastfamilie, die ihn auf dem Bahnhof bereits erwartete. Kya (21) und Pyam (16) Vakilzadeh freuten sich, ihren Gastbruder zu begrüßen, ebenso die Eltern. „Ich habe vor einiger Zeit ein schönes Jahr in den USA verbracht“, erzählt Kya – im Bundesstaat Colorado. Als Dankeschön wollte die Familie nun auch einen Austauschschüler aufnehmen. „Als wir dann erfuhren, dass ein Bewerber aus Colorado kommt und außerdem gern Fußball spielt, war alles klar“, sagt Kya lachend. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass die Familie sich nicht getäuscht hat.
„Ich möchte richtig deutsch lernen, denn mein Vater stammt aus Deutschland“, erzählt Joshua von seiner Motivation. In der Schule hatte er vier Jahre lang Deutschunterricht, außerdem verbrachte er 2001 und 2006 einige Monate in Bayern – bei der Familie seines Vaters. Eine Tante hatte ihn im vorigen Jahr auf das Stipendium aufmerksam gemacht, und ihr Neffe bewarb sich als einer von rund 2000 Aspiranten – insgesamt flogen 48 Stipendiaten nach Deutschland.
„Ich möchte Land und Leute kennenlernen“, sagt Joshua bestimmt und bedauert daher ein weinig, dass er zur Schule gehen muss. Denn den High School-Abschluss hat er bereits in der Tasche, im Sommer beginnt er ein Biologiestudium auf dem College. Erst in den USA, später vielleicht auch in Deutschland.
Schwerer Stoff im Unterricht
Seit September besucht Joshua nun gemeinsam mit Kya das Schulzentrum in Bremen-Walle, Joshua geht in die zwölfte, sein Gastbruder in die 13. Klasse. Gleich am ersten Tag stellte der Joshua seinen Stundenplan zusammen: Er wählte die Leistungskurse Biologie – sein Lieblingsfach – und Englisch, außerdem die Fächer Deutsch, Geschichte, Mathe und darstellendes Spiel. Danach ging es sofort in den Unterricht. „Er wurde gleich ins kalte Wasser geworfen“, sagt Kya schmunzelnd. Joshua war es recht. „Ich mag den Unterricht gern. Der ist schwerer als bei uns, denn hier werden mehr Inhalte vermittelt“, erzählt er. Die Hausaufgaben erledigt er in der Schule, zu Hause lernt er. Und das fällt ihm leicht. „Die Noten sind ganz okay“, meint der Austauschschüler bescheiden mit Blick auf das Halbjahreszeugnis. „Wieso okay, die sind doch gut“, findet Kya.
In seiner Freizeit spielt Joshua Fußball, in der 1. Kreisklasse des TSV Ottersberg – Kya hatte ihn zum Training mitgenommen. „Ich bin kein guter Fußballspieler“, gibt er zu, zu Hause schwimmt und läuft er. Außerdem spielt er Gitarre – sehr zur Freude seiner Gastmutter, die das Instrument extra für ihn vom Dachboden geholt hat. Und Klavier. Um sein Deutsch zu verbessern, liest er Bücher und schaut sich Fernsehprogramme an. Joshua ist aber trotz Schule auch im Land unterwegs. So besuchte er Großmutter, Onkel und deren Freunde in Bayern. „Wir haben zusammen Silvester gefeiert“, erzählt er. Auch einen Abstecher in die Niederlande gab es schon, dort studiert Kyas Schwester.
Einen großen Unterschied zwischen der deutschen und der amerikanischen Kultur habe er übrigens bislang nicht bemerkt – außer vielleicht beim Essen. „Hier wird zu Mittag groß gegessen, in den USA dagegen zu Abend“, hat Joshua beobachtet. Ist in seinem Heimatland Fastfood weit verbreitet, wird in Deutschland viel selbst gekocht: „Hier gibt es richtig gutes Essen.“ Wie Käsespätzle, sein Lieblingsgericht, das sein Vater gern zubereitet. Doch auch zu einem Döner sagt er nicht nein.
© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 25.02.2011