Für eine direkte Stimme in Berlin
Kreistag geschlossen gegen den Reformvorschlag für Wahlkreiszuschnitte
VON RONALD KLEE
Verden – Wenn die Stimmen der gewählten Volksvertreter die Ansichten ihrer Wähler im Landkreis widerspiegeln, findet der Vorschlag zur Reform der Bundestagswahlkreise nicht viel Beifall. Mit einem einstimmigen Votum wandten sich die Abgeordneten des Kreistages gegen die vorgeschlagene Aufteilung der Wählerschaft im Landkreis Verden auf drei Wahlkreise. Bei zugleich großer Zustimmung zur Verkleinerung des Bundestags setzten sich die Sprecher für eine möglichst direkte Vertretung im Bundestag ein.
„Mit dem Beschluss positioniert sich der Kreistag als Hauptorgan zu der drohenden Zerstückelung und kündigt massiven Widerstand an, wenn es bei einer solchen bleiben soll.“ Diese Bedeutung ihres Beschlusses hatte die Verwaltung mit ihrem Formulierungsvorschlag gleich mal mitgeliefert. Den Satz „Der Landkreis Verden fordert zwingend, dass im Rahmen einer Veränderung der Bundestagswahlkreise der Gebietszuschnitt des Landkreises Verden als Ganzes in einem Wahlkreis erhalten bleibt“, haben Lennart Quiring (Grüne) und Hella Bachmann (CDU) denn auch als Resolution des Kommunalparlaments interpretiert. Und der haben sich die Abgeordneten ausnahmslos angeschlossen.
Dass die Zahl der Wahlkreise verringert werden soll, stellte in der Beratung indes niemand in Frage. Im Gegenteil unterstützten alle Abgeordneten die Bemühungen um die Verkleinerung des Bundestages. In dem Vorschlag regt die von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eingesetzte Wahlkreiskommission an, die Zahl der Wahlkreise um elf von 299 auf 280 zu verringern. Dem Entwurf folgend müsste dann Niedersachsen künftig 21 statt 30 Wahlkreise haben.
Dass die Gemeinden im Landkreis auf vier Landkreise beziehungsweise zwei Wahlkreise verteilt werden sollen, stieß auf die geballte Kritik des Hauses. Dörte Liebetruth (SPD) konnte deswegen auch mit Überzeugung feststellen, dass sich das Kreisparlament einig sei, dass der Landkreis geschlossen einem Wahlkreis angehören sollte. Sie erinnerte an frühere Reformen, in denen die Wähler im Verdener Kreisgebiet mit denen im Landkreis Rotenburg und dann mit Osterholz-Scharmbek in einen Wahlkreis vereinigt wurden. Wenn denn ein Neuzuschnitt nötig sei, sollte Verden als Ganzes mit einem anderen Kreis vereinigt werden. Eine andere Sicht vertraten weder Lennart Quiring noch der FDP-Vertreter Christoph Pein.
Hella Bachmann gab zu bedenken, dass mit der Zerstückelung auch die Vertretung der Interessen in Berlin durch einen Wahlkreiskandidaten bedroht sein könnte. Ähnliche Befürchtungen hatte die Kreisverwaltung geäußert. Auch der Informationsfluss zur Wählerschaft könne behindert werden, wenn Strukturen in der Presse mit den Wahlkreizuschnitten nicht zusammenpassten. An die Identität in der Region erinnerte der AfD-Fraktionschef Jochen Rohrberg.
Die Zerstückelung kann auch die Kreisverwaltung nicht unterstützen. Grundsätzlich habe der Landkreis Verden mit einer Bevölkerungszahl von rund 140 000 Einwohnerinnen und Einwohner gute Voraussetzungen, einen Wahlkreis zusammenhängend mit einem anderen Landkreis zu bilden. Die Vorlage aus dem Kreishaus gibt zu bedenken, dass man über eine Fortsetzung des gemeinsamen Wahlkreises mit Osterholz nachdenken könnte: „Der derzeitige Bundestagswahlkreis 34 ,Osterholz-Verden’ weicht mit circa 251 100 Einwohnerinnen und Einwohner (Stichtag 31. Dezember 2019) nur etwa drei Prozent vom neuen Wahlkreisdurchschnitt ab.“ Den gibt die Wahlkreiskommission mit 258 697 Einwohnern pro Wahlkreis an.