Gastkommentar von meinem Praktikanten Hark Möller zum Thema Brexit

Gastkommentar von meinem Praktikanten Hark Möller zum Thema Brexit

Mein Name ist Hark Möller und ich studiere Integrierte Europastudien an der Universität Bremen. Parallel zum Verfassen meiner Bachelorarbeit absolviere ich ein vierwöchiges Praktikum im Abgeord­netenbüro von Andreas Mattfeldt.

Aus bundespolitischer Sicht wird im Bundestag neben dem Blick auf tagesaktuelle innenpolitische Themen der Fo­kus auch auf europäische Angelegenheiten gelegt, beispielsweise den Brexit. Wie dieser dynamische Pro­zess zu beobachten ist und welche Szenarien welche Auswirkungen bergen, werde ich kurz im Fol­genden in Form eines Kommentars thematisieren.

Mit der Verabschiedung von Mays Brexit-Entwurf im Kabinett hat sie die erste Hürde überwunden, der nächste Schritt ist die Abstimmung im Parlament nächsten Monat. Um die Folgen eines Austrittes näher zu beschreiben, ist es vorher wichtig zu definieren, welche Art von Brexit vollzogen wird. So gibt es drei verschiedene Szenarien: Entweder kommt es zu einem „No-Deal“, oder zu einem eher harten bzw. weichen Brexit. Da jede dieser Varianten verschiedene Folgen für Politik, Gesellschaft und Wirtschaft birgt, muss hier deutlich differenziert werden. Was allen Möglichkeiten ge­mein ist, ist die Möglichkeit eines drohenden Misstrauensvotums gegen May. In diesem Fall wäre die politische Situation in Großbritannien unkontrolliert – was folgt? Neuwahlen und ein zweites Refe­rendum?

Kommt es zum Scheitern der Verhandlungen, oder aber das britische Parlament akzeptiert den Ent­wurf von May nicht, sehe ich ein politisches und wirtschaftliches Chaos sowie Neuwahlen als sehr wahrscheinliche Folge. Der eingeschränkte Handel wird ein Gefühl des Unmuts innerhalb der Gesell­schaft laut werden lassen und durch den Ausschluss aus dem Binnenmarkt wird das Pfund internatio­nal deutlich an Konkurrenzstärke und Wert verlieren. Das wiederum könnte zu einer Rezession füh­ren, was sich auf eine Inflation auswirkt. Zudem gäbe es schwerwiegende Folgen für Irland und Nordirland, da eine strikte Grenze beide trennen würde – was aus historischen Gründen eine Heraus­forderung darstellen wird. Auf der anderen Seite würden auch wirtschaftliche Auswirkungen eines solchen „No-Deals“ die Euro­päische Union negativ treffen. Mitgliedsstaaten mit einem hohen Export­wert nach Großbritannien müssten ihre Waren verzollen. Ein Brexit ohne Abkommen wäre also sehr riskant und würde primär zu enormen wirtschaftlichen negativen Folgen auf beiden Seiten führen.

Ein harter Brexit würde ähnliche wirtschaftliche Folgen wie ein „No-Deal“-Szenario aufzeigen. Jedoch hat das britische Parlament dem Entwurf von May in diesem Fall zugestimmt und es gibt ein Vertrag zwischen Großbritannien und der Europäischen Union. Wie der Name sagt, ist es dennoch ein Bruch zwischen beiden Akteure. In der Folge bedarf die Grenze zwischen Irland und Nordirland ei­nes äu­ßerst sensiblen Umgangs, aus gesellschaftlicher Sicht bietet diese harte Grenze lediglich Nach­teile. Der internationale Handel zwischen der Europäischen Union und Großbritannien wird durch hohe Zollge­bühren erschwert werden, was eine Stagnation des wirtschaftlichen Wachstums bedeu­tet.

Weiter besteht die Möglichkeit eines weichen Brexits. Aus wirtschaftlicher Sicht hätte diese Lösung die geringsten Auswirkungen, da Großbritannien Mitglied des Binnenmarktes bleiben würde. Auch für die Europäische Union hätte diese Variante noch die meisten Vorteile, da sich Großbritannien da­mit an europäische Mindeststandards bindet. Schwieriger wäre es, einen solchen Entwurf durch das bri­tische Parlament zu bekommen. Die Befürworter eines klaren Bruches mit der Europäischen Union würden diesen Entwurf schlicht ablehnen, dafür hätte May die Unterstützung nordirischer Politiker. Diese Lösung wird als „cherry-picking“ (Barnier) betitelt, da in dieser Variante für Großbritannien die mit Abstand meisten Ziele durchgesetzt werden würden.

Die Auswirkungen eines Austritts Großbritanniens belaufen sich jedoch nicht nur auf ökonomische Faktoren, auch wenn diese einen zentralen Verhandlungspunkt einnehmen. Meiner Meinung nach ist es spannend zu hinterfragen, wie sich die Identität der Briten ändern wird – fühlen sie sich nicht län­ger europäisch? Werden in Zukunft die kulturellen Grundwerte, für die die Europäische Union steht, weniger Be­achtung finden? Oder aber: Gibt es noch eine Möglichkeit des Exits vom Brexit? Kommt ein neues Re­ferendum? Sichtbar wird, dass bei genauerer Betrachtung ver­schiedener Auswir­kungen eines Brexits viel mehr Fragen aufgeworfen werden, als vielleicht beant­wortet werden kön­nen.