Gedenken als Mahnung

 Der Bund der Vertriebenen feierte im Hotel Tivoli den „Tag der Heimat“

Von Monika Fricke Osterholz-Scharmbeck. Unter dem Motto „Wahrheit und Dialog – Schlüssel zur Verständigung“ feierte der Bund der Vertriebenen (BdV) den „Tag der Heimat“ im Hotel Tivoli. Dem Festredner Helmut Lubert ging es in seinem Vortrag zum Motto des Heimat-Tages weniger um die Vergangenheit, sondern vielmehr um die Gegenwart und Zukunft. Leider hätte die Menschheit aus der Geschichte wenig dazu gelernt, machte Lubert deutlich.
Der 1939 in Memel (heute Klaipeda in Litauen) geborene Festredner ging auf die wechselvolle Geschichte seiner Heimat im Osten ein, die 1919 nach dem Ersten Weltkrieg vom Deutschen Reich abgetrennt wurde. 1939, vier Wochen nach seiner Geburt, wurde das Memelland durch einen Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und Litauen wieder deutsch. Helmut Luberts Geburtsurkunde wurde in deutscher und litauischer Sprache ausgestellt.
 

  
1945 kam seine Mutter mit drei Kindern nach Osterholz-Scharmbeck, der Vater war in russischer Gefangenschaft tödlich verunglückt. Ähnliche Schicksale, wie Helmut Lubert es mit seiner Familie erlebte, erlitten viele tausend Vertriebene und Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Bei späteren Reisen in die ehemalige Heimat gab es einige Begegnungen mit den Menschen, die dort angesiedelt wurden. „Dabei stellte sich immer wieder die Frage: „Wie konnte das alles geschehen? Wen trifft die Schuld für alles, was an unbeschreiblichem Leid angerichtet wurde?“ Bis heute hat sich Einschätzung des Festredners nicht viel geändert: „Unschuldige Menschen werden schikaniert, verfolgt und misshandelt. Politisch Verfolgte kommen zu uns, Christen werden verfolgt und Andersdenkende ermordet.“
Vertraute Lieder und Gedichte Lubert schloss mit den Worten: „Wir sind es den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft schuldig, uns in Achtung und Demut an sie zu erinnern.“ Das Gedenken an die Opfer müsse allen Mahnung sein, die Menschenrechte zu achten und Konflikte friedlich zu lösen. Nur so könne das Zusammenleben der Völker in gegenseitigem Respekt und Toleranz gewährleistet sein.
Rund 120 Frauen und Männer aus den Ortsverbänden im Landkreis kamen in die Kreisstadt. Zahlreiche Ehrengäste begrüßte die Vorsitzende des BdV-Ortsverbandes, Ingeborg Ellmers – darunter den CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeldt aus dem Kreis Verden, den Kreisvorsitzenden der Europa-Union, Marcus Oberstedt, den Vorsitzenden der Bürgerfraktion, Wilfried Pallasch und die stellvertretende Schwaneweder Bürgermeisterin Annette von Wilcke-Brumund.
Seinen „tiefsten Respekt“ sprach Andreas Mattfeldt den Frauen und Männern im BdV aus. „Ohne die Vertriebenen wäre ein Aufschwung nach dem Kriege in der Bundesrepublik nicht möglich gewesen.“ Der Bundestagsabgeordnete war vom vollen Saal im Tivoli beeindruckt: „Einen so aktiven Verband habe ich lange nicht gesehen.“ Die überwiegend älteren BdV-Mitglieder feierten ihren Tag der Heimat mit vertrauten Liedern und Gedichten aus der ehemaligen Heimat. Der Singkreis der Seniorenbegegnungsstätte stimmte zusammen mit den Harmonika-Freunden die vertrauten Heimatlieder vom „Land der dunklen Wälder“, „Ännchen von Tharau“ und „Blaue Berge, grüne Täler“ an.
Ein kleines Stück Heimat brachte Leonie Schröder vom Arbeitskreis Ostpreußische Kultur mit; sie trug ihre Gedanken, Gefühle und Erinnerungen durch den Bernstein in der Hand vor. Wer Näheres über den BdV OsterholzScharmbeck erfahren möchte, kann sich an Ingeborg Ellmers wenden (Telefon 04791/7851).

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 29.09.2011