JU besucht MdB

Besuch im Stasi-Gefängnis: Am Schlimmsten war Schlafentzug

Verden·Berlin (fr). Auf Einladung des CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeldt waren Mitglieder der Jungen Union (JU) Verden und Osterholz jetzt zu Gast in Berlin. Den stärksten Eindruck habe der Besuch des ehemaligen Stasi-Gefängnisses in Hohenschönhausen hinterlassen, in dem zu DDR-Zeiten politische Gefangene physisch und psychisch gefoltert worden seien, heißt es in einer Mitteilung des CDU-Parteinachwuchses.

Nach einem Einführungsfilm sei die Gruppe von den ehemaligen Gefangenen Matthias Melster und Edda Schönherz durch das Gefängnis geführt worden. Melster habe dort 1987 als 20-Jähriger fünf Monate in Untersuchungshaft gesessen. Schon mit 14 Jahren habe er die ersten Probleme mit der SED-Diktatur gehabt: „Ich habe meiner Lehrerin erklärt, dass die DDR undemokratisch ist, weil es keine freien Wahlen gibt“, habe sich Melster erinnert. Obwohl er in seiner Klasse der zweitbeste Schüler gewesen sei, habe er kein Abitur machen dürfen, weil er sich politisch nicht regierungskonform verhalten habe.

Melster habe den Besuchern die Zellen gezeigt und die Haftbedingungen beschrieben: „Die Zellen waren viel zu klein, die Pritschen mit 1,70 Meter für Männer viel zu kurz und Tageslicht sah man hier unten so gut wie nie“. Doch das sei noch ertragbar gewesen: „Das Schlimmste war die Folter“, so Melster. Es sei zwischen physischer und psychischer Folter unterschieden worden. Besonders hart sei der Schlafentzug gewesen: „Anhörungen fanden meist nachts statt, oftmals dauerten sie acht Stunden“. Danach seien die Gefangenen zurück in ihre Zellen gekommen, Schlafen sei aber tagsüber strengstens verboten gewesen. Man habe nur stehen dürfen, sitzen und liegen sei nicht erlaubt gewesen. Alle zwei bis fünf Minuten seien die Häftlinge kontrolliert worden. Melster: „Schlafentzug ist eine besonders schwere Form der Folter. Das hält niemand lange durch“.
In späteren Jahren habe die SED-Regierung mehr und mehr auf psychische Folter gesetzt. Die Inhaftierten seien so lange gequält worden, bis sie alles unterschrieben hätten, was man von ihnen verlangt habe. Zum Beispiel, dass sie Agenten oder Spione seien, obwohl sie ganz normale Bürger waren. Die meisten Inhaftierten seien zudem von der Umwelt isoliert worden. Kontakt zu anderen Gefangenen sei nicht möglich gewesen. So sei es vorgekommen, dass Eheleute in Zellen nebeneinander untergebracht waren, ohne dies zu wissen.Fazit der JU-Mitglieder: „Der Besuch im ehemaligen Stasi-Gefängnis sollte für alle Schüler zu einem Pflichttermin während einer Berlin-Reise werden“.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 03.06.2010