Lärmschutz, der sich selbst reinigt

14. Oktober 2013
Pressespiegel

Bambuswände an der Autobahn als Lärmschutz – das klingt ungewöhnlich, ist aber gar nicht so abwegig. Zumindest nicht, wenn es nach der Achimer Firma Lotze und Partner geht, die jetzt mit ihrer Idee an das Bundesverkehrsministerium herangetreten ist – und das zeigt Interesse.
VON JULIA SOOSTMEYER

Achim. Viele Menschen verbinden mit dem Bambus neben Pandabären und China eher einen Sichtschutz auf Terrassen und Balkonen. Die Achimer Firma Lotze und Partner Bambusprodukte GmbH allerdings stellt aus dem Rohstoff Gartenmöbel, Fensterrahmen und Zäune her. Drei Jahre ist das Unternehmen erst alt, dessen Mannschaft jetzt auf eine neue Idee gekommen ist: Lärmschutzwände an Autobahnen aus Bambus. Und der Gedanke scheint auch beim Bundesverkehrsministerium anzukommen. Zumindest hat das Ministerium Unterlagen und Proben angefordert. „Es hat großes Interesse gezeigt“, sagt Heinz Sonneborn, Produktentwickler bei Lotze und Partner. Unterstützt wurde die Firma vom Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeldt (CDU). Er hat die ersten Türen geöffnet und den Kontakt hergestellt.

„Bambus ist sehr widerstandsfähig, UV-resistent und witterungsbeständig“, erläutert Sonneborn die Vorteile des Rohstoffs. Zudem wachse er sehr schnell nach – in fünf Jahren schießt er bis zu 18 Meter in die Höhe. „Damit ist Bambus eins der am schnellsten nachwachsenden Produkte“, hält der Entwickler fest. „Die Pflanze wird beim Schlagen außerdem nicht getötet, die Wurzel bleibt im Boden“, ergänzt Verkaufsleiter Martin Dix, das käme der Nachhaltigkeit zugute. Zudem werde beim Anbau gänzlich auf Kunstdünger verzichtet, und es würden keine Wälder gerodet.

Auf der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten des Oberflächenschutzes für Fensterrahmen ist Produktentwickler Heinz Sonneborn vor etwa einem Jahr auf eine Firma in Nordrhein-Westfalen gestoßen, die sich mit der Fotokatalyse beschäftigt – der Selbstreinigung. Dabei werden Oberflächen mit Titandioxid besprüht – das ist eine Art Lackierung. Titandioxid habe die Eigenschaft, dass sich organische Substanzen auf seiner Oberfläche zersetzten. Das könne man nutzen, um selbstreinigende Flächen herzustellen – zum Beispiel für Lärmschutzwände. Schädliche Stoffe aus Autoabgasen würden zersetzt und dann vom Regen einfach abgewaschen, erklärt Sonneborn. „Eine 1000 Quadratmeter große mit Titandioxid beschichtete Fläche Bambus hat die gleiche Filterwirkung wie 70 Laubbäume“, vergleicht der Produktentwickler. So könnten mit Titandioxid beschichtete Bambuswände gleichsam als Filter für von Autoabgasen verunreinigte Luft dienen. Ein Test sei bereits an der Autobahn 1 bei Osnabrück gestartet worden. Dabei wurde eine übliche Lärmschutzwand fotokatalytisch behandelt. Die Beschichtung halte rund zehn Jahre. „Das ist sicher“, sagt Heinz Sonneborn, „so lange muss nicht nachlackiert werden“. Der Oberflächenschutz könne aber auch weitaus länger halten, wenn er nicht stark beschädigt werde. Und er scheint neben dem Bambus ebenfalls sehr robust. „Die Beschichtung ist hagelresistent“, so der Entwickler.

Die Kombination aus dem Rohstoff Bambus und der Lackierung wäre dem Unternehmen Lotze und Partner zufolge also eine gute Lösung für Lärmschutzwände. „Wartungskosten können damit verringert werden“, erklären Sonneborn und Dix. Vom Preis her sei der Bambus vergleichbar mit hochwertigen Hölzern.

Ob das Verkehrsministerium das genauso sieht, bleibt nun abzuwarten. Achim jedenfalls wäre für einen Testlauf sicherlich geeignet, gibt es doch auch hier ein enormes Lärmaufkommen durch die Autobahn, an dem sich die Bürger stören. Vorerst aber zeigen sich die beiden Entwickler mit ihrem bisherigen Erfolg zufrieden: „Wir sind positiv überrascht, dass Interesse vorhanden ist – zum einen an der Fotokatalyse, zum anderen an dem Bambus als Werkstoff“. Bei der Pflanze handele es sich übrigens nicht um Holz, sondern „um Gras“, erzählt Heinz Sonneborn.