Maßvoll oder maßlos das ist hier die Frage
14. Februar 2014
Pressespiegel
Die Neuregelung stellt eine sinnvolle und nachvollziehbare Anpassung dar.“
Christina Jantz, SPD
Selbstbedienungsladen oder angemessene Besoldung: Die Pläne der großen Koalition, die Diäten um rund zehn Prozent zu erhöhen, lösten ein großes mediales Echo aus – und stießen auf vielfache Kritik. Das Osterholzer Kreisblatt befragte dazu die Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Verden/Osterholz, Herbert Behrens (Linke), Christina Jantz (SPD) und Andreas Mattfeld (CDU).
VON MICHAEL THURM
Berlin ·Landkreis Osterholz. Mit ihrem Plan für einen kräftigen Zuwachs bei den Abgeordnetendiäten hat sich die große Koalition zum Ziel scharfer Kritik gemacht. Linkspartei und Grüne lehnten das Vorhaben ab, die Bezahlung der Parlamentarier in den nächsten Monaten um rund zehn Prozent anzuheben. Union und SPD wehrten sich gegen den Verdacht der Selbstbedienungsmentalität und verteidigten den Anstieg als angemessen.
Der Entwurf von Schwarz-Rot sieht vor, die Diäten in einem ersten Schritt zum 1. Juli um 415 Euro auf 8667 Euro pro Monat steigen zu lassen. In einem zweiten Schritt sollen die Bezüge dann zum Jahreswechsel auf 9082 Euro anwachsen. Bei der Altersversorgung soll es Abstriche geben. Die Diätenerhöhung soll die Staatskasse in diesem Jahr zusätzlich um 1,7 Millionen Euro belasten, für 2015 fallen dann noch einmal 3,5 Millionen Euro an. Die weitere Erhöhung der Diäten soll dem Entwurf zufolge ab 2016 an die allgemeine Entwicklung der Bruttolöhne in Deutschland geknüpft werden. Mit dem Diäten-Vorschlag folgt die große Koalition dem Vorschlag einer Expertenkommission. Diese hatte 2013 vorgeschlagen, Abgeordnete des Bundestags in der Bezahlung den Bundesrichtern gleichzustellen.
Der Christdemokrat Andreas Mattfeldt hält die Anhebung der Diäten für eine richtige Entscheidung. „Ich stimme der Erhöhung zu“, sagt der 44-Jährige. Der gelernte Industriekaufmann sieht in einer ordentlichen Bezahlung der Parlamentarier eine dringende Notwendigkeit. „Wenn wir die Abgeordneten nicht richtig bezahlen, gibt es bald niemanden mehr, der sich in der Politik engagieren will.“ Schon heute sei der Bundestag nicht mehr Spiegelbild der Gesellschaft. Die nun angedachten rund 9000 Euro seien sicherlich „gutes Geld“, aber Geschäftsführer in deutschen Mittelständischen Unternehmen würden ein Vielfaches verdienen.
Mattfeldt erinnerte dabei auch an jene Parlamentarier, die bereits nach vier Jahren aus dem Bundestag ausscheiden mussten. „Die haben für die Politik ihren Job aufgegeben und sind danach oft schwer vermittelbar. Ich kenne einige, die haben es sozial schwer.“ Er selbst, so Mattfeldt, käme mit dem Geld gut aus. Aber er sei auch nicht von den Diäten abhängig.
Der ehemalige stellvertretende Bürgermeister von Völkersen, seinem Geburtsort, sieht aber ein grundsätzliches Problem in der Bezahlung öffentlicher Führungspositionen. Es fänden sich kaum noch Leute, die Bürgermeister werden wollen, meint Mattfeldt. Höchstens noch branchenfremde Personen. Doch um gute Politik – ob auf Bundes- oder kommunaler Ebene – machen zu können, seien gute Kräfte notwendig – und die müssten auch angemessen bezahlt werden.
Ganz anderer Meinung ist der Bundestagsabgeordnete der Linken, Herbert Behrens. „Wer wegen des Geldes in die Politik geht, ist dort falsch“, rügt der Osterholz-Scharmbecker. Rund 100 000 Euro Jahreseinkommen seien eine ausreichende Entschädigung. „Damit können wir gut leben“, meint Behrens. Die Linken halten auch eine Orientierung am Gehalt eines Bundesrichters nicht für richtig. Angemessen, so Behrens, sei eher eine Anpassung an die Gehälter von Bürgermeistern von kreisfreien Städten mit rund 100 000 Einwohnern oder auch von Landräten. „Das Gehalt muss sich an der konkreten Arbeit orientieren, die wir für die Bürger zu leisten haben.“
Das einerseits die Verdi-Forderung, die Lohngruppen im öffentlichen Dienst pauschal um 100 Euro und darauf zusätzlich um 3,5 Prozent anzuheben von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) als „maßlos überzogen“ abgelehnt wird, gleichzeitig aber die Diäten der Bundestagsabgeordneten in Berlin um rund zehn Prozent steigen sollen, hält Herbert Behrens für „unanständig“.
Ebenso wie die Grünen werde seine Fraktion einer Diätenerhöhung nicht zustimmen. „Natürlich werden sie uns das Geld trotzdem überweisen, aber dann werden wir zukünftig noch mehr spenden.“ Allein im vergangenen Jahr hat Behrens nach Steuern 21 000 Euro gespendet.
„Nachdem eine unabhängige Kommission übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Bezüge eines Richters am obersten Gerichtshof des Bundes die angemessene Ausgangsgröße für die Abgeordnetenentschädigung ist, werden diese Gehälter als erste Bezugsgröße verwendet. Diese Regelung sehen wir als SPD-Bundestagsfraktion als einen entscheidenden Schritt hin zu mehr Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger an,“ schreibt die SPD-Bundestagsabgeordnete Christina Jantz.
„Diese Transparenz wird dadurch verstärkt, dass sich ab der nächsten Legislaturperiode etwaige weitere Steigerungen an den Entwicklungen der Löhne und Gehälter von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland orientieren. Diese Einschätzung trage ich voll mit und unterstütze sie.“
Die Neuregelung stelle eine sinnvolle und nachvollziehbare Anpassung dar, sie betreffe nicht nur die Bezüge, sondern auch die Altersvorsorge der Abgeordneten, meint die Schwanewederin. Hier werde es eine Absenkung des Höchstsatzes von 67,5 Prozent auf 65 Prozent geben. „Allgemein findet auch in diesem Bereich eine aus meiner Sicht richtige Anpassung an die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung statt.“
Weiter schreibt die Sozialdemokratin: „Zudem finde ich besonders wichtig, dass es uns auch gelungen ist, klarere und schärfere Regelungen für die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung einzubringen.“
„Wer wegen des Geldes
in die Politik geht, ist
dort falsch.“
Herbert Behrens, Die Linke
Christina Jantz, SPD
Selbstbedienungsladen oder angemessene Besoldung: Die Pläne der großen Koalition, die Diäten um rund zehn Prozent zu erhöhen, lösten ein großes mediales Echo aus – und stießen auf vielfache Kritik. Das Osterholzer Kreisblatt befragte dazu die Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Verden/Osterholz, Herbert Behrens (Linke), Christina Jantz (SPD) und Andreas Mattfeld (CDU).
VON MICHAEL THURM
Berlin ·Landkreis Osterholz. Mit ihrem Plan für einen kräftigen Zuwachs bei den Abgeordnetendiäten hat sich die große Koalition zum Ziel scharfer Kritik gemacht. Linkspartei und Grüne lehnten das Vorhaben ab, die Bezahlung der Parlamentarier in den nächsten Monaten um rund zehn Prozent anzuheben. Union und SPD wehrten sich gegen den Verdacht der Selbstbedienungsmentalität und verteidigten den Anstieg als angemessen.
Der Entwurf von Schwarz-Rot sieht vor, die Diäten in einem ersten Schritt zum 1. Juli um 415 Euro auf 8667 Euro pro Monat steigen zu lassen. In einem zweiten Schritt sollen die Bezüge dann zum Jahreswechsel auf 9082 Euro anwachsen. Bei der Altersversorgung soll es Abstriche geben. Die Diätenerhöhung soll die Staatskasse in diesem Jahr zusätzlich um 1,7 Millionen Euro belasten, für 2015 fallen dann noch einmal 3,5 Millionen Euro an. Die weitere Erhöhung der Diäten soll dem Entwurf zufolge ab 2016 an die allgemeine Entwicklung der Bruttolöhne in Deutschland geknüpft werden. Mit dem Diäten-Vorschlag folgt die große Koalition dem Vorschlag einer Expertenkommission. Diese hatte 2013 vorgeschlagen, Abgeordnete des Bundestags in der Bezahlung den Bundesrichtern gleichzustellen.
Der Christdemokrat Andreas Mattfeldt hält die Anhebung der Diäten für eine richtige Entscheidung. „Ich stimme der Erhöhung zu“, sagt der 44-Jährige. Der gelernte Industriekaufmann sieht in einer ordentlichen Bezahlung der Parlamentarier eine dringende Notwendigkeit. „Wenn wir die Abgeordneten nicht richtig bezahlen, gibt es bald niemanden mehr, der sich in der Politik engagieren will.“ Schon heute sei der Bundestag nicht mehr Spiegelbild der Gesellschaft. Die nun angedachten rund 9000 Euro seien sicherlich „gutes Geld“, aber Geschäftsführer in deutschen Mittelständischen Unternehmen würden ein Vielfaches verdienen.
Mattfeldt erinnerte dabei auch an jene Parlamentarier, die bereits nach vier Jahren aus dem Bundestag ausscheiden mussten. „Die haben für die Politik ihren Job aufgegeben und sind danach oft schwer vermittelbar. Ich kenne einige, die haben es sozial schwer.“ Er selbst, so Mattfeldt, käme mit dem Geld gut aus. Aber er sei auch nicht von den Diäten abhängig.
Der ehemalige stellvertretende Bürgermeister von Völkersen, seinem Geburtsort, sieht aber ein grundsätzliches Problem in der Bezahlung öffentlicher Führungspositionen. Es fänden sich kaum noch Leute, die Bürgermeister werden wollen, meint Mattfeldt. Höchstens noch branchenfremde Personen. Doch um gute Politik – ob auf Bundes- oder kommunaler Ebene – machen zu können, seien gute Kräfte notwendig – und die müssten auch angemessen bezahlt werden.
Ganz anderer Meinung ist der Bundestagsabgeordnete der Linken, Herbert Behrens. „Wer wegen des Geldes in die Politik geht, ist dort falsch“, rügt der Osterholz-Scharmbecker. Rund 100 000 Euro Jahreseinkommen seien eine ausreichende Entschädigung. „Damit können wir gut leben“, meint Behrens. Die Linken halten auch eine Orientierung am Gehalt eines Bundesrichters nicht für richtig. Angemessen, so Behrens, sei eher eine Anpassung an die Gehälter von Bürgermeistern von kreisfreien Städten mit rund 100 000 Einwohnern oder auch von Landräten. „Das Gehalt muss sich an der konkreten Arbeit orientieren, die wir für die Bürger zu leisten haben.“
Das einerseits die Verdi-Forderung, die Lohngruppen im öffentlichen Dienst pauschal um 100 Euro und darauf zusätzlich um 3,5 Prozent anzuheben von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) als „maßlos überzogen“ abgelehnt wird, gleichzeitig aber die Diäten der Bundestagsabgeordneten in Berlin um rund zehn Prozent steigen sollen, hält Herbert Behrens für „unanständig“.
Ebenso wie die Grünen werde seine Fraktion einer Diätenerhöhung nicht zustimmen. „Natürlich werden sie uns das Geld trotzdem überweisen, aber dann werden wir zukünftig noch mehr spenden.“ Allein im vergangenen Jahr hat Behrens nach Steuern 21 000 Euro gespendet.
„Nachdem eine unabhängige Kommission übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Bezüge eines Richters am obersten Gerichtshof des Bundes die angemessene Ausgangsgröße für die Abgeordnetenentschädigung ist, werden diese Gehälter als erste Bezugsgröße verwendet. Diese Regelung sehen wir als SPD-Bundestagsfraktion als einen entscheidenden Schritt hin zu mehr Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger an,“ schreibt die SPD-Bundestagsabgeordnete Christina Jantz.
„Diese Transparenz wird dadurch verstärkt, dass sich ab der nächsten Legislaturperiode etwaige weitere Steigerungen an den Entwicklungen der Löhne und Gehälter von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland orientieren. Diese Einschätzung trage ich voll mit und unterstütze sie.“
Die Neuregelung stelle eine sinnvolle und nachvollziehbare Anpassung dar, sie betreffe nicht nur die Bezüge, sondern auch die Altersvorsorge der Abgeordneten, meint die Schwanewederin. Hier werde es eine Absenkung des Höchstsatzes von 67,5 Prozent auf 65 Prozent geben. „Allgemein findet auch in diesem Bereich eine aus meiner Sicht richtige Anpassung an die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung statt.“
Weiter schreibt die Sozialdemokratin: „Zudem finde ich besonders wichtig, dass es uns auch gelungen ist, klarere und schärfere Regelungen für die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung einzubringen.“
„Wer wegen des Geldes
in die Politik geht, ist
dort falsch.“
Herbert Behrens, Die Linke
Die Bundestagsabgeordneten müssen gut bezahlt werden: Andreas Mattfeldt (CDU). FOTO: SKUPPE
Das Gehalt muss sich an der konkreten Arbeit orientieren, die wir für die Bürger zu leisten haben: Herbert Behrens (Die Linke). FOTO:FOCKE STRANGMANN
Ein entscheidender Schritt hin zu mehr Transparenz: Christina Jantz
(SPD). FOTO: FOCKE STRANGMANN
Osterholzer Kreisblatt 14.2.2014