Mattfeldt hadert mit der ALV

Brief ans Sozialministerium geschrieben / Bohlmann: Er saß im Verwaltungsrat

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt ist unzufrieden mit der Arbeit des Verdener Jobcenters. Die kreiseigene „Arbeit im Landkreis Verden“ (ALV) arbeite vermutlich „nicht zielgerichtet“, schreibt der Langwedeler in einem Brief an Sozialministerin Aygül Özkan. Die Arbeitslosenquote der Hartz-IV-Bezieher sei höher als in Nachbarlandkreisen, er bitte daher, die ALV zu überprüfen.

Von Johannes Heeg
Verden. In seiner Antwort nimmt Landrat Peter Bohlmann, zugleich Verwaltungsratsvorsitzender der ALV, zunächst einmal Mattfeldt aufs Korn. Der sei doch in der vergangenen Wahlperiode, also bis November 2011, Mitglied des ALV-Verwaltungsrats gewesen. Er habe mithin fünf Jahre intensiven Einblick in die Daten zu den Langzeitarbeitslosen erhalten und hätte auch aktiv an der Zielerreichung mitwirken können.

Bohlmann zeigt sich „verwundert“ über Mattfeldts Anfrage. „Laut Satzung obliegt es immerhin dem Verwaltungsrat, die Geschäftsführung zu überwachen“, so Bohlmann. Zu den Aufgaben des Gremiums gehöre es explizit, die strategischen Leitlinien der ALV zu bestimmen. Nicht unerwähnt lässt Bohlmann, dass Mattfeldt bei seinen Verlautbarungen zur Langzeitarbeitslosigkeit immer wieder andere Aspekte herausgreife. So beziehe er sich „mal auf die Aktivierungsquote, dann auf die Integrationsquote, und manchmal geht er auch ins Grundsätzliche“.

 

Für den fachlichen Teil seiner Antwort bedient sich Bohlmann bei der „Handlungsorientierten Sozialberichterstattung“ des Sozialministeriums. Es gebe einfach strukturelle Unterschiede zwischen den Arbeitsmärkten der verschiedenen Landkreise. Demnach habe der Landkreis Verden eine Bevölkerung, von der ein Großteil nicht typisch ländlich wohne, sondern eher städtisch. Entsprechend höher seien in diesem urbanen Umfeld Mietniveau und Lebenshaltungskosten, was das Armutsrisiko erhöhe und damit die Schwelle senke, Hartz IV zu beantragen.

Bohlmann: „Bei uns ist die Armutsgrenze schneller erreicht, so dass Armut und Arbeitslosigkeit statistisch schneller sichtbar werden.“ Wenn eine vierköpfige Familie im Kreis Verden über ein Nettoeinkommen von weniger als 1770 Euro verfüge, könne sie aufstockende Hartz-IV-Leistungen beantragen. In dem Fall werde automatisch die nicht arbeitende Ehefrau als arbeitslos registriert, was die Statistik verschlechtere.Im Kreis Osterholz liege diese Einkommensschwelle bei rund 1600 Euro. „Wer mehr verdient, hat keinen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen und wird auch nicht von der Arbeitslosenstatistik erfasst“, so Bohlmann.
Die im Vergleich zu den Nachbarkreisen schlechteren Hartz-IV-Zahlen erklärt er auch damit, dass die Stadt Verden mit ihrer exportorientierten Industrie einen hohen Fachkräftebedarf habe, der aus den Reihen der Hartz-IV-Empfänger nicht gedeckt werden könne. Traditionell werde im Kreis Verden die Arbeitskräftenachfrage sehr stark von außen befriedigt. Dem Sozialbericht sei zudem zu entnehmen, dass im Landkreis Verden die Quote der Geringverdiener höher sei als in den Landkreisen Osterholz und Rotenburg.

Sein Schreiben nutzt Bohlmann auch, um auf die, wie er sagt, „Erfolge“ der ALV hinzuweisen. So liege im Kreis Verden bewusst ein Schwerpunkt bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Dabei würden „Spitzenwerte“ erreicht. Auch bei der Aktivierung von Langzeitarbeitslosen erreiche Verden im landes- und bundesweiten Vergleich „Werte im oberen Bereich“. Erfolgreich sei die ALV auch mit ihrer „Zugangssteuerung“. Bohlmann: „Damit wollen wir erreichen, dass Menschen durch sofortige Beratung und schnelle Reintegration gar nicht erst in das Hartz-IV-System hineinkommen.“ Leider würden Integrationen in den ersten vier Wochen des Hartz-IV-Bezugs statistisch nicht erfasst. „Die Abgangszahlen bilden die Erfolge der ALV nicht vollständig ab“, heißt es in der Stellungsnahme Bohlmanns.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 28.01.2012