Mattfeldt zur Reform des Wahlrechts: Erststimme der Bürger nicht abwerten

Mattfeldt zur Reform des Wahlrechts: Erststimme der Bürger nicht abwerten

Verdener Aller Zeitung Online  17.01.2023

 

Neue Runde im Streit um Wahlrechtsreform

Erstellt:, 17:48 Uhr

Von: Tom Gath

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Andreas Mattfeldt (CDU) bevorzugt eine starke Personenstimme – auch auf Kosten der parteigebundenen Zweitstimme. © Koch

Der neue Vorschlag zur Verkleinerung des Bundestags stößt bei der Union auf Widerstand. Die Ampel-Koalition will die parteigebundene Stimme gegenüber der Personenstimme stärken. Der Verdener Abgeordnete Mattfeldt (CDU) schlägt ein anderes Verfahren vor.

Rotenburg – Die Ampelkoalition in Berlin hat ihre neuen Pläne für eine Wahlrechtsreform vorgelegt und der Streit um die Verkleinerung des Bundestags geht in eine neue Runde. Im vergangenen Herbst hatte ein Vorschlag zur Reduzierung und Neuaufteilung der Wahlkreise für Aufregung gesorgt.

Der Verdener Wahlkreis sollte zerschlagen und teilweise dem Wahlkreis „Rotenburg I -Heidekreis“ zugeteilt werden. Der langjährige Verdener Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt (CDU) hätte es im Wahlkampf dann mit dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil zu tun bekommen und witterte eine unzulässige Einflussnahme der SPD. „Der neue Zuschnitt ist jetzt voll auf Vorteil von Lars Klingbeil ausgerichtet“, so Mattfeldt damals.

Klingbeil hatte gelassen reagiert und auf die nun vorgestellte umfassendere Reform des Wahlrechts verwiesen, durch die alle Wahlkreise in ihren alten Grenzen erhalten bleiben könnten. Diese Reform sieht vor, dass Überhang- und Ausgleichsmandate abgeschafft werden. Derartige Mandate entstehen, wenn eine Partei mehr Direktmandate erringt, als ihr nach dem Zweitstimmenanteil zustehen.

 „Hauptstimme“ soll Zweitstimme ersetzen

Geht es nach der Ampel-Koalition, soll künftig die Zweitstimme zur sogenannten „Hauptstimme“ werden und auch auf dem Wahlzettel an erster Stelle stehen. Die bisherige Erststimme würde zur „Wahlkreisstimme“ werden und darüber entscheiden, welche Personen die über die „Hauptstimmen“ gewonnen Bundestagsmandate besetzen. Das könnte dazu führen, dass nicht alle Direktkandidaten mit den meisten Stimmen in ihrem Wahlkreis in den Bundestag einziehen – nämlich dann, wenn ihre Partei zu wenig „Hauptstimmen“ erhalten hat.

Davon wären wahrscheinlich vor allem Unions-Kandidaten aus Bayern und Baden-Württemberg betroffen. Auch deshalb haben erste Unionspolitiker eine Verfassungsklage ins Spiel gebracht. So weit möchte Mattfeldt zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gehen und betont die Bereitschaft der Union zu einer konsensualen Lösung: „Wir sind zu Gesprächen bereit, aber bei uns wird das echte Zwei-Stimmen-Wahlrecht favorisiert.“ Eine Entwertung der Erststimme sieht er kritisch, weil diese Politiker und Bürger viel direkter miteinander verbinde, als die abstrakte Stimme für eine gesamte Partei.

Mattfeldt will personalisierte Erststimme nicht abwerten

Der Abgeordnete des Rotenburger Wahlkreises, Lars Klingbeil, verteidigt die Pläne seiner Fraktion mit einem ähnlichen Argument: „Dann wäre eine Neuaufteilung und Reduzierung der Wahlkreise obsolet. Ich hoffe dabei auf Unterstützung der Union, damit wir die Zahl der Wahlkreise nicht reduzieren müssen und die Heimatnähe der Abgeordneten weiterhin gewährleistet bleiben kann.“

Mattfeldt hingegen schlägt ein ganz anderes Verfahren vor: 299 direkt gewählte Volksvertreter und 299 Abgeordnete über die Zweitstimme, ohne Ausgleichsmandate. So könnte die Bedeutung der Personenstimme gewahrt bleiben. Allerdings wären die Zweitstimmen dann wahrscheinlich nicht mehr korrekt im Plenum abgebildet.

Eine Änderung des Wahlrechts ist mit einer einfachen Mehrheit des Bundestags möglich. Trotzdem strebt die Regierung eine Einigung mit der Union an, auch um eine Verfassungsklage zu vermeiden.