„Mir fehlt hier das Selbstverständnis in der Politik“

„Mir fehlt hier das Selbstverständnis in der Politik“

                                                        

CDU-Bundestagsabgeordneter Andreas Mattfeldt sammelte seine ersten Erfahrungen als Haushälter in Berlin

Von Klaus-Dieter Pfaff Lilienthal·Landkreis. Die Summen sind logischer Weise sehr viel höher, die Debatten umfangreicher, die Sitzungen länger und das Plenum personenstärker besetzt. Allerdings gibt es durchaus Parallelen zu den Kommunen und ihren Gemeinderäten. Das berichtet uns Andreas Mattfeldt bei einer Stippvisite im Lilienthaler Zeitungshaus. Und er muss es schließlich wissen, denn der CDU-Bundestagsabgeordnete hat in den vergangenen Woche seine Erfahrungen sammeln können. Schließlich gehört er zu den 41 Mitglieder des Haushaltsausschusses im Bundestag und damit zu den mächtigen Haushältern, von denen die CDU/CSU-Fraktion 16 Vertreter stellt.

Dem CDU-Mann aus dem Wahlkreis Verden-Osterholz gelang im September vergangenen Jahres nicht nur der direkte Sprung in den Bundestag, sondern er bekam auf Anhieb einen Sitz im begehrten Haushaltsausschuss. Das war ein Novum, denn diese Mitgliedschaft muss man sich ansonsten erst „ersitzen“, wie es auch langjährige Parlamentarier bestätigen. Dass dieser Sitz schon mit sehr viel Kompetenz ausgestattet ist, konnte Andreas Mattfeldt gleich zu Beginn seiner Bundestagsarbeit feststellen, denn es galt den Haushalt 2010 auf den Weg zu bringen. „Das war eine Aufgabe, die wir sehr zügig erledigen mussten. Und das ist uns gelungen“, freut sich der Mann aus Berlin. Übrigens eine Formulierung, die ihm nicht so recht schmecken will: „Ich vertrete die Interessen meines Wahlkreises in Berlin. Dafür habe ich gekämpft. Und das tue ich sehr gern. Mir ist aber sehr wohl bewusst, woher ich kommen und wo ich zu Hause bin.“ Im Verlauf dieses Gespräches wird sehr schnell und immer wieder deutlich, wie sehr sich Mattfeldt im Haushaltsmetier auskennt – ein Wissen, das der Newcomer in Berlin bereits in die Waagschale werfen konnte. Der Abgeordnete kommt ursprünglich aus der Wirtschaft und war in den vergangenen Jahren hauptamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Langwedel. Auch dort hat er es geschafft, die Verschuldung abzubauen und den Haushalt auszugleichen. Mit einer Rücklage von über vier Millionen übergab er sein Bürgermeisteramt an seinen Nachfolger.
Die zügige Beratung und Verabschiedung des Haushaltes sei wegen der immer noch andauernden Wirtschafts- und Finanzkrise erforderlich gewesen, sagt Mattfeldt, der auch an die vom Bundestag beschlossenen Schuldenbremse erinnert, die besagt, dass ab 2016 kaum noch Schulden gemacht werden dürfen. Hierfür habe man mit diesem Haushalt bereits die ersten Pflöcke eingeschlagen.
„Dazu zählt auch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, dem zu verdanken ist, dass unsere Familien spürbar entlastet werden können. Das haben wir vor der Wahl immer gesagt und das wollen wir auch halten.“ Der Unionspolitiker verweist auch auf die gesetzliche Änderung hinsichtlich des Erbrechtes in den Familienbetrieben. „Hier mussten früher zahlreiche Unternehmen in die Insolvenz gehen, weil die bei einer Vererbung innerhalb einer Familie entstehenden Kosten nicht aufgebracht werden konnten.“ Was Mattfeldt bei den Haushaltsberatungen sehr bald feststellen konnte, war die Tatsache, dass die Ministerien, ähnlich wie die Kommunen, stets nur für sich kämpfen, wenn es um Geld geht: „Mir fehlt hier das Selbstverständnis in der Politik. Wenn gespart werden muss oder soll, das müssen alle ausnahmslos unterstützen. Das kann nicht nur die Sache der Haushälter sein. So wie bisher können wir jedenfalls nicht weitermachen. Das habe ich auch in den verschiedenen Gesprächen mit den Ministern sehr deutlich gemacht“, erinnert sich der Abgeordnete, der sich damit auch innerhalb der CDU nicht nur Freunde gemacht hat.
Andreas Mattfeldt ist zurzeit dabei, sich bei den Institutionen, die Bundeszuschüsse bekommen, vor Ort ein Bild zu machen. „Ich schaue mir alles ganz genau an und lasse mich informieren, denn nur so kann ich mir als Haushälter ein Urteil über den Sinn und Zweck der Unterstützung machen.“ Er prophezeit für die nächsten Jahre erhebliche Einschnitte, die bitter und grausam sein können. Das sei aber mit Blick auf die nächsten Generationen erforderlich. Schon jetzt werde er als Haushälter mit E-Mails überschwemmt, in denen sich die Lobbyisten beklagen.
Der Haushaltsausschuss, der am häufigsten und am längsten tagt – die Bereinigungssitzung vor der eigentlichen Haushaltsdebatte hatte von 8 Uhr morgens bis 4 Uhr in der Frühe gedauert – ist nach Ansicht des CDU-Mannes mit dem Verwaltungsausschuss einer Stadt oder Gemeinde vergleichbar. „Wir haben eine Kontrollfunktion und können beziehungsweise müssen über die gesamte Haushaltspolitik entscheiden. Das ist ein großes Stück Verantwortung. Aber diese Arbeit macht mir viel Freude, denn auf dieser Ebene kann man etwas bewegen.“

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 05.05.2010