Organspende: Bessere Informationen und Motivationshilfen könnten noch viel mehr Leben retten

Organspende: Bessere Informationen und Motivationshilfen könnten noch viel mehr Leben retten

Nach Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stehen 80 Prozent der Bundesbürger dem Thema Organspende grundsätzlich positiv gegenüber. Aber lediglich 32 Prozent von ihnen verfügen auch tatsächlich über einen Organspende-Ausweis! Deshalb muss meiner Ansicht nach hier angesetzt und sich gemeinsam aktiv für einen aktiveren Dialog zu diesem überaus sensiblen Thema eingesetzt werden. Rechtliche Ungereimtheiten oder Transplantationsskandale haben die Bevölkerung in den vergangenen Jahren oft verunsichert und damit ihre Spendenbereitschaft reduziert. Ängste dieser Art sind absolut verständlich und auch mir selbst nicht fremd. Ich bin jedoch ebenso überzeugt, dass diesen Ängsten mit Aufklärung und offene Debatten sowie einer stärkeren Sensibilisierung der Bevölkerung für die Dringlichkeit der Themen Organspende und Organtransplantation erfolgreich begegnet und Ängste genommen werden können. Die Themen Organspende und Transplantation sind mir eine Herzensangelegenheit. Sowohl aus meinem persönlichen Umfeld als auch aus Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis weiß ich um die Anstrengungen und Sorgen, die mit einer solchen medizinischen Behandlung für die Patienten und ihre Familien einhergehen. Viele persönlich Betroffene warten bereits seit Jahren auf ein geeignetes, zum Teil lebensrettendes Spenderorgan. Umso gravierender ist demzufolge die noch immer viel zu geringe Zahl an tatsächlich durchgeführten Transplantationen.

Jedoch kann nicht nur allein eine Verunsicherung der Bevölkerung als generelle Erklärung für die geringe Anzahl von Organtransplantationen in deutschen Kliniken herangezogen werden. Häufig liegt der Haken auch in den Kliniken selbst, wo das Engagement für Organspende im Verhältnis zu anderen Aufgaben leider oft nicht in gleichem Maße wertgeschätzt wird. Das heißt auch finanziell ist das Engagement für Organspende für Krankenhäuser nicht besonders rentabel und – so absurd das auch klingt – eher negativ für deren öffentlichen Ruf. Das heißt, eine der großen Herausforderungen liegt vor allem darin, in den Kliniken zu motivieren und die Bereitschaft zum Einsatz für Organspende auch dort zu fördern. Ein Anfang könnte in einer verbesserten Meldepraxis potentieller Spender durch die Krankenhäuser liegen. Anders als etwa in den USA ist die deutsche Gesetzgebung hier nicht konkret genug. Die Folge ist, dass Krankenhäuser im Moment potentielle Spender noch nicht immer melden. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) setzt sich deshalb beim Bundesministerium für Gesundheit dafür ein, Initiativen für mehr Klarheit in den Meldeprozessen anzustoßen. Auch ich halte diese Vorschläge für sinnvoll und werde mich ebenfalls im Gesundheitsministerium dafür aussprechen.

Die aktuellen Zahlen für den Großraum Bremen und Bremerhaven untermauern die Dringlichkeit des Themas. Allein im Großraum Bremen warten derzeit knapp 80 Patienten auf lebensrettende Herzen, Lebern und Lungen. Die Zahl der tatsächlich vorgenommenen Transplantationen ist dagegen erschütternd: Nur zwei Transplantationen wurden im vergangenen Jahr aber in den Krankenhäusern in Bremen und Bremerhaven durchgeführt. Laut medizinischem Vorstand der DSO, Dr. med. Axel Rahmel, würde sich die Zahl der Organspenden bereits verdoppeln, wenn allein jedes der insgesamt über 1000 deutschen Kreiskrankenhäuser absolut gesehen nur ein Spender im Jahr melden würde. Aktuell beläuft sich die Zahl dieser Meldungen dagegen auf eine Spende alle sechs Jahre. Dabei kann schon allein ein Mensch mit seiner Spende den Organempfängern zusammen mehr als fünfzig neue Lebensjahre und natürlich Lebensqualität schenken.

Auch im Hinblick auf die Öffentlichkeitsarbeit kann noch viel mehr getan werden. Zwar haben die deutschen Krankenkassen bereits Millionenbeträge aus Steuergeldern zur Durchführung von Aufklärungskampagnen erhalten. Bedauerlicherweise haben diese Kampagnen jedoch ihre Wirkung offenbar verfehlt. Hier müssen wir uns dringend klarwerden, wo die Gründe für dieses Scheitern liegen und was getan werden kann und muss, um künftig erfolgreicher zu sein. Letztendlich muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden, ob er seine Organe spenden möchte oder nicht. Diese Entscheidung kann niemandem abgenommen werden. Was aber getan werden kann, um Ängste zu lindern und Betroffenen zu helfen, sollte unbedingt getan werden.

Hintergrund:

In Deutschland hoffen derzeit nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) mehr als 10.000 schwer kranke Menschen auf die Transplantation eines Organs. Für sie ist die Transplantation die einzige Möglichkeit, um zu überleben oder die Lebensqualität erheblich zu verbessern. Dies ist jedoch nur möglich, wenn Menschen bereit sind, ihre Organe nach dem Tod zu spenden. Diesen Wunsch der Verstorbenen umzusetzen, ist nach deutschem Recht gemeinsame Aufgabe der Krankenhäuser, der Transplantationszentren und der DSO. Sie nimmt die Meldungen möglicher Organspender entgegen und sorgt dafür, dass alle notwendigen medizinischen und organisatorischen Schritte vollzogen werden, damit Organe entnommen, an geeignete Patienten vermittelt und transplantiert werden können.