Plädoyer für die Bundeswehr-Reform

Senioren-Union Osterholz begrüßt CDU-Bundestagsabgeordneten / Henning Otte verteidigt Afghanistan-Einsatz

Die Bedrohungslage hat sich verändert: Terroristen, Piraten und Drohungen einzelner Länder – diese Szenarien beschäftigen heute die Bundeswehr, während sich die USA stärker auf den pazifischen Raum konzentrieren müssen. „Europa muss deshalb mehr Verantwortung übernehmen“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Henning Otte. Auf Einladung der Senioren-Union Osterholz ging er auf die Entwicklung ein.

VON PETER VON DÖLLEN

Osterholz-Scharmbeck. Eine Reform der Bundeswehr sei dringend nötig, damit sie ihren neuen Aufgaben gewachsen ist, sagt der Bundestagsabgeordnete Henning Otte. Gleichzeitig soll sie zielgerichteter werden, um finanzierbar zu bleiben. Das konnten die vielen Besucher, die sich in der Amtslinde drängten, nachvollziehen. Neu sind ihnen die Aussagen des Bundestagsabgeordneten nicht. Das meiste haben sie aus den Medien erfahren. Das Thema „Welche Rolle hat zukünftig Deutschland in der Nato?“ hatte auch einige Soldaten angesprochen. Sie alle waren der Einladung der Senioren-Union gefolgt, um mehr zu erfahren. Details und neue Informationen bekamen die Zuhörer nicht. Otte blieb in seinem 20-minütigen Vortrag tiefere Einsichten schuldig. Die herrschende Skepsis konnte er offenbar nicht ausräumen.
Mit dabei: Andreas Mattfeldt

Der Verteidigungsexperte sah sich entsprechend vielen Fragen ausgesetzt. Franz Volkmer war selbst Soldat und erinnert sich an zahlreiche Reformen während seiner Dienstzeit. Die Bundeswehr müsste demnach eine der effizientesten Armeen in Europa sein. Auf einer aktuellen Bewertungsliste rangiere Deutschland aber nur auf Platz acht. Otte räumte ein: Bisherige Reformen seien vielleicht zu sehr auf Einsparungen abgestellt gewesen. Er könne die Reformmüdigkeit verstehen. Diese Reform sei aber nötig, um dem geänderten Anforderungsprofil gerecht werden zu können. Er versprach: „Diese Reform unterscheidet sich von vorherigen, weil sie die Strukturen ändert.“ Sie werde nicht umsonst als größte Reform der Bundeswehr angesehen. Die Armeen in Europa müssten mehr zusammenarbeiten, gemeinsam ausbilden, gemeinsam beschaffen und die Aufgaben aufeinander abstellen. Zusammenarbeit, ohne Aufgabe der Souveränität sei das Ziel. „Ich bin von der Reform überzeugt“, sagte Otte. Aber sie brauche Zeit.
Otte verteidigte den Afghanistaneinsatz. Das Land sei ein Nährboden für Terroristen. Viele Anschläge seien dort vorbereitet worden. Der Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt pflichtete ihm bei. „Jede Entscheidung über die Mandatsverlängerung hätte Menschenleben gefordert“, stellte er klar. Die Verlängerung gefährde das Leben deutscher Soldaten. Aber ein Abzug hätte vermutlich Massenmorde im Land zur Folge gehabt. Er erinnerte an die Zustände im Land mit einem menschenverachtenden Regime. Frauen wurden gesteinigt, Mädchen durften nicht zur Schule gehen und wurden unterdrückt. Vieles habe sich gebessert. Er kritisierte die Berichterstattung. Erfolge würden ausgeblendet, häufig über negative Dinge berichtet.
„Die Soldaten verdienen unseren Respekt und Anerkennung. Sie haben es allemal verdient“, ergänzte Otte.
Die hohe Belastung müsse ebenfalls bei der Reform berücksichtigt werden. Otte nannte posttraumatische Probleme nach Einsätzen. Entschädigungen beim Truppenabbau seien angebracht, aber auch weniger Versetzungen, um ein normaleres Leben zu erleichtern.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 21.06.2012