Politischer Aschermittwoch der CDU mit Minister Ehlen

Einblicke ins Privatleben eines hofierten Ministers

Von Anke Landwehr


 

Verden. Politiker haben’s echt schwer. Zumal im Winter, wenn sie ständig Kohl essen müssen. Aber immer noch besser essen, als ihn zu verzapfen. Das kann nämlich schneller passieren, als man denkt. Sagt Niedersachsens Landwirtschaftsminister Hans Heinrich Ehlen: „Entscheidungen sind manchmal von einer Tragweite, die vorher kaum einzuschätzen ist“, gestand er am Dienstagabend beim politischen Aschermittwoch der Verdener Kreis-CDU.

Es war die sechste Veranstaltung dieser Art. Sie findet jedes Mal im Dauelser Eichenkrug statt, jedes Mal wird ein ranghoher Politiker mit an den Tisch gebeten und jedes Mal gibt es Grünkohl satt mit allem Drum und Dran. „Nirgendwo schmeckt er besser als hier“, beteuerte Ehlen. Er ist Experte auf diesem Gebiet. In dieser Saison hat er das krause Kraut zwar erst zehn Mal genossen, dafür ist es ihm im vergangenen Jahr 27 Mal vorgesetzt worden.

Was Spuren hinterlassen hat. „Man sieht’s mir nicht mehr an, aber ich hatte mal richtige Muckis“, plauderte der quietschvergnügte „Minister für Essen und Trinken“ aus Zeiten, in denen er die eigene Scholle noch selbst beackert hat. Das Publikum – 160 Mitglieder und Freunde der Partei, die sich einen der begehrten Plätze erobert hatten – war amüsiert.

Langwedels Bürgermeister und CDU-Bundestagskandidat Andreas Mattfeldt sah angesichts der vierten Kohl-Mahlzeit in Folge auch bereits Figurprobleme auf sich zukommen: „Allmählich nähere ich mich der Statur unseres Landwirtschaftsministers an.“

Den politischen Aschermittwoch bezeichnete Mattfeldt als tolle Veranstaltung, „die so nur bei uns möglich ist.“ Bei der SPD würde man sicher erstmal ein Komitee bilden, „das dann monatelang darüber diskutiert, ob es Rot- oder Weißwein zum Essen geben soll.“

Dass der schon leicht wahlkämpfende Langwedeler mit einem Aufnahmeformular wedelte („Adalbert, das kannst Du gleich mal unterschreiben …“), gefiel Ehlen. Das Land brauche Menschen, die sich politisch engagierten. Der Minister pendelte geschickt zwischen büttenhafter Launigkeit und ernsthafter politischer Betrachtung. Bei allem Pessimismus, „der im Augenblick vor uns hergetragen wird“, sei er zuversichtlich, dass zumindest Niedersachsen die Hürde Rezession nehmen werde. „Wir sind die Speisekammer Deutschlands.“

Allerdings müsse man unbedingt darauf achten, „die kleinen Geldkreisläufe nicht zu zerstören“. Und das bedeute, nicht nur die Schrottprämie in Anspruch zu nehmen. „Jeder sollte sein Schlafzimmer tapezieren lassen und alle drei Wochen statt alle drei Monate zum Friseur gehen.“

Auch Polit-Profis sind vor den Nickligkeiten des Alltags nicht gefeit, wie Ehlens Einblicke ins Privatleben offenbarten. „Als Minister wird man umschwärmt und hofiert, aaaber … Zu Hause sieht das ganz anders aus.“ Da ist die Tochter, jüngste von drei Kindern, die ihren Erzeuger mitunter streng ins Gebet nimmt: „Papa, was du da gestern gesagt hast, das war voll daneben. Sag das nie, nie wieder!“

Oder das morgendliche Ritual mit der Ehefrau. Da denkt der Herr Ehlen, er hat sich richtig fein gemacht und dann: „Gleich retour ins Schlafzimmer zum Umziehen.“ Irgendwas ist immer verkehrt – der Schlips, die Socken oder beides. Komisch nur, dass die korrigierte Kleidung eine Woche später plötzlich keine Gnade mehr vor der Gattin Augen findet.

„Das kennst du sicher auch, Wilhelm, oder?“ Ehlen und der CDU-Landtagsabgeordnete Wilhelm Hogrefe sind seit Jahrzehnten miteinander bekannt, haben sich bei einem Landjugendtreffen im Verdener Sachsenhain angefreundet. „Heiner“, erklärte Hogrefe, „ist ein wahrer Freund Verdens.“ Gemeinsam würden sie in Brüssel um Gelder für die Region kämpfen und auch der Masterplan Tierzucht genieße das Wohlwollen des Ministers. Damit Ehlen das im harten Politgeschäft auch ja nicht vergisst, schenkte Hogrefe ihm eine goldgelb glänzende Hannoveraner-Krawatte.

Der am härtesten geforderte Mann war am Dienstagabend aber CDU-Kreisgeschäftsführer Jens Richter. Unermüdlich wieselte er herum, damit nichts den geplanten Ablauf störte. So war es nicht ganz einfach, dem Shanty-Chor „Wolken, Wind und Wogen“ im proppevollen Saal ein Plätzchen freizuräumen. Doch es gelang. Und blieben die Zuhörer beim Auftakt-Auftritt auch noch ein wenig reserviert, summten, sangen und schunkelten einige später doch noch munter mit – trotz des wohligen Sättigungsgefühls, das sich nach dem opulenten Kohl-Mahl eingestellt hatte, aber animiert von Ehlens Büttenrede. „Heiner“, jubelte Hogrefe, „ist die absolute Krönung aller Gäste, die wir bisher hatten.“ Das liege daran, dass der Landwirtschaftsminister „so ausgesprochen authentisch“ sei.

Ebenso stimmgewaltig wie euphorisiert fassten „Wolken, Wind und Wogen“ das Wir-Gefühl in Töne: „Was kann das Leben Schön’res uns geben – wir wollen CDU-ler sein.“