Reaktionen aus den Standorten

 Bremen (wk). Die Bundeswehrreform hat spürbare Folgen für zahlreiche Standorte rund um Bremen. An den meisten Orten wird das Personal drastisch reduziert, den Standort Schwanewede löst die Bundeswehr komplett auf. Andreas Mattfeldt, CDU-Bundestagsabgeordneter der Landkreise Osterholz und Verden, spricht von einem „Schock für die Gemeinde Schwanewede“. „Wir haben in der Vergangenheit alles Erdenkliche versucht, Einfluss zu nehmen“, betont er. Die Ausarbeitung sei jedoch durch Fachleute im Ministerium vorgenommen worden und weniger durch die Politik. „Dass es zu einer kompletten Schließung des Standortes kommt, davon war auch ich mehr als überrascht“, sagte Mattfeld. Jetzt müsse man einen „Masterplan“ ausarbeiten, wo es für die Gemeinde Schwanewede hingehen solle.
 

In Delmenhorst wirkt sich die Strukturreform „signifikant“ auf die Feldwebel-Lilienthal-Kaserne im südlichen Stadtteil Adelheide aus, wie es in der offiziellen Sprachregelung heißt. Signifikant bedeutet: Das Transportbataillon 165 und die Logistikbrigade werden aufgelöst, 1150 Mitarbeiter wird die Bundeswehr in Zukunft weniger in der Stadt beschäftigen. „Delmenhorst wird mit 1400 Soldaten auch weiterhin ein starker Standort sein“, bemüht sich Oberbürgermeister Patrick de La Lanne (SPD) um eine Betrachtung aus der Das-Glas-ist-halbvoll-Perspektive. Auch wenn andere Politiker starke Auswirkungen vor allem auf Handwerk und Handel in der Stadt fürchten. Auch wenn der Bundeswehrstandort Visselhövede nun doch nicht komplett geschlossen wird, herrscht dort alles andere als Erleichterung: Franka Strehse (SPD), Bürgermeisterin der im Kreis Rotenburg gelegenen Stadt, übersandte gestern eine Stellungnahme aus ihrem Urlaubsort „Diese Entscheidung ist für Visselhövede schwieriger als eine komplette Schließung der Kaserne.“ Rund 650 Dienststellen an dem Bundeswehrstandort sollen wegfallen, lediglich 20 bleiben. Strehse spricht von einem „Tod auf Raten“, für die verbleibenden Soldaten sei die Kaserne überdimensioniert. Selbstverständlich dürfe die Bundeswehr „nicht als „regionale Wirtschaftsförderung missbraucht werden“, sagt Franka Strehse. „Aber ebenso wie ein gutes Unternehmen Sozialpläne bei Umstrukturierungen aufstellt, erwarten wir als erheblich betroffene Kommune finanzielle und logistische Hilfe, um den Wandel bewältigen zu können.“

Der einzige Bundeswehrstandort im Landkreis Diepholz bleibt zwar erhalten, wie seit gestern feststeht. Gleichzeitig wird jedoch die Anzahl der Dienstposten in der Kreisstadt drastisch reduziert, von 1020 auf 530. Die Bundeswehr war in Diepholz bislang zweitgrößter Arbeitgeber hinter dem Autozulieferer ZF Lemförder. „Es ist alles eine Frage der Interpretation“, sagt Stadtsprecher Karsten Hage. „Wir behalten den Standort, verlieren aber viele Soldaten. Wobei wir noch nicht genau wissen, wie viele zivile und militärische Posten genau betroffen sind.“ Den größten Abbau gibt es bei den Objektschützern, die komplett abgezogen werden. Das macht laut Hage rund 400 Soldaten aus. „Allerdings sind immer viele von denen im Afghanistan-Einsatz gewesen“, erklärt Hage. Daher sei nicht klar, wie sich der Stellenabbau etwa auf die Kaufkraft in Diepholz auswirke. Von einem Ausgleich durch Bund oder Land sei bislang nichts bekannt. Während der Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy (SPD) die „drastische Schwächung des Bundeswehr-Standortes“ bedauert, freut sich sein Parlamentskollege Axel Knoerig (CDU) in einer Stellungnahme über den Erhalt des Standortes.
Der Bürgermeister der Stadt Rotenburg, Detlef Eichinger, ist trotz des geplanten Abbaus von 500 Dienstposten durch die aktuelle Bundeswehrreform erleichtert. „Wir sind froh, dass der Standort erhalten bleibt“, sagt Eichinger. Die Kreisstadt mit ihren knapp 22000 Einwohnern sei bereits seit 1956 Bundeswehrstandort und habe ein sehr gutes Verhältnis zu den dort stationierten Einheiten. „Die Reduzierung ist schmerzhaft, räumt der Bürgermeister ein. Aber nun müsse zunächst auf die Details gewartet werden. Er kenne noch keinen Zeitplan, sagt Eichinger. Klar sei allerdings, dass die Reduzierung die Wirtschaft der Stadt belaste.
In den Gemeinden Selsingen und Zeven im Landkreis Rotenburg sind die Bürgermeister vor allem eins: erleichtert. Zwar werden auch in der Kaserne Seedorf Stellen abgebaut – sie bleibt aber als Standort erhalten. Rund 800 Soldaten und Zivilangestellte weniger, „das ist schon eine ganz schöne Verringerung“, sagt Hans-Hinrich Papen, Bürgermeister der Samtgemeinde Selsingen. Insgesamt kann er aber „gut damit leben“, für die Region sei das verkraftbar. Das gelte sowohl für Selsingen, wo die Kaserne steht, als auch für Zeven, wo die meisten Soldaten mit ihren Familien leben. Johann Klintworth, Bürgermeister der Samtgemeinde Zeven, sieht die Neuordnung der Einheiten sogar positiv. Er findet, dass die Kaserne als Standort durch die Reform gestärkt wird. „Darüber bin ich glücklich“, sagt er und äußert sein Mitgefühl mit anderen Gemeinden, die stärker betroffen sind.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 27.10.2011