Schulbus-Chaos

Pofalla erfährt von den Problemen

Mattfeldt wendet sich an Vorstand der Bahn, die das Chaos im Schulbusverkehr nun auf eine Grippewelle schiebt

Achim/Oyten/Ottersberg. Drunter und drüber geht es nach wie vor im Busverkehr im Nordkreis. Wie berichtet, fahren die Busse des Unternehmens Weser-Ems-Bus gerade morgens und mittags/nachmittags verspätet, gar nicht oder sind auf falschen Routen unterwegs. Zudem werden mitunter zu kleine Fahrzeuge eingesetzt. Da Weser-Ems-Bus eine Tochter der Deutschen-Bahn-AG ist, hat nun der hiesige CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt einen Brief an seinen Parteifreund und Ex-Bundesminister Roland Pofalla auf den Weg gebracht, der seit zwei Jahren im Bahnvorstand sitzt. Um ihn auf die Situation im Landkreis Verden hinzuweisen, erzählt Mattfeldt ihm darin von den „massiven Problemen“ und „chaotischen Zuständen“ insbesondere bei der Schülerbeförderung, die seit dem 1. August vorherrschen.

Zusätzlich zu Zeitungsartikeln über das Dilemma, die Mattfeldt an Pofalla gesendet hat, schildert er ihm in dem Schreiben, dass „trotz vieler Erklärungen von Weser-Ems-Bus sich nur sehr langsam eine Verbesserung einzustellen scheint“. Das Vertrauen des Verdener Kreistags aber habe Weser-Ems-Bus bereits komplett verspielt, „sodass wir jüngst einstimmig vertragsrechtliche Konsequenzen beschlossen haben. Die Regressforderungen an Weser-Ems-Bus belaufen sich bislang auf rund 100 000 Euro“. Wenn der Kreistag dazu die Handhabe hätte, wäre die Zusammenarbeit mit Weser-Ems-Bus schon längst beendet, schreibt Mattfeldt. In einer Stellungnahme zu seinem Brief erklärt Mattfeldt, dass man „nach Möglichkeit die alten Betreiber wieder einsetzen“ möge. Er möchte zwar alle Möglichkeiten ausschöpfen, bleibt aber Realist: „Ob mein Schreiben an Ronald Pofalla etwas bringt, bleibt abzuwarten.“

Zumal die Deutsche Bahn ihre ganz eigene Sicht auf das Dilemma hat, wie die Antwort des Unternehmens auf eine Anfrage unserer Redaktion zeigt, die wir am Donnerstag gestellt hatten. „Leider sind zur Zeit viele Kollegen von einer Grippewelle betroffen, die zu kurzfristigen Einschränkungen im Busverkehr führt“, heißt es da von der Pressestelle aus dem Regionalbüro Hamburg. Dabei dürften falsch eingesetzte Fahrzeuge, falsche Routen und Verspätungen – im Gegensatz zu allenfalls Busausfällen – nichts mit einer Grippewelle zu tun haben. Und obwohl mit Ausnahme der Herbstferien, in denen es keine Schüler zu befördern galt, das Chaos seit der Vergabe an Weser-Ems-Bus zum 1. August unverändert  besteht, findet die Deutsche Bahn: „Es ist natürlich sehr ärgerlich, gerade nachdem wir wieder ein stabiles Angebot für unsere Fahrgäste hatten.“ Aber man sei mit lokalen Partnern und dem ZVBN in Gesprächen, „um schnellstmöglich den gewohnten Fahrplan anbieten zu können“.

Das wird aus Sicht des Fahrgastbeirats im VBN auch allerhöchste Zeit. Dieser sammelt die Beschwerden sowohl von Schülern als auch von Eltern und wird laut Gregor Voßhal, Sprecher des Beirats für den Landkreis Verden, vermehrt von verärgerten und verzweifelten Arbeitnehmern kontaktiert. „Eine Arbeitnehmerin hat uns mitgeteilt, dass der Arbeitgeber nun mehr als zwei Monate ein Auge zugedrückt habe, was die Pünktlichkeit des Erscheinens auf der Arbeit angehe. Nun sei die Toleranz doch arg strapaziert“, nennt Voßhal eines von vielen Beispielen, die durch das Chaos entstanden sind. Er erzählt von einem „mittlerweile aufgebrauchten Verständnis gegenüber den verantwortlichen Stellen beim Landkreis, ZVBN und Weser-Ems-Bus“.

Zumal die Kosten für die Monatskarten ohne Abzug weiter von den Konten abgebucht würden. Darüber hinaus entstehe beim Fahrgast zusätzlicher Stress und eine regelmäßige Unsicherheit bei der täglichen Wegeplanung. Eine alleinerziehende Mutter etwa habe mittags ihre Arbeit unterbrechen müssen, um ihr Kind aufgrund einer ausgefallenen Busfahrt nach Hause zu fahren. „Die dadurch entstandene Fehlzeit musste sie nach Feierabend noch nacharbeiten, das Kind war in dieser Zeit unbeaufsichtigt“, weiß Voßhal, den als Vater eines elfjährigen Kindes solche Schilderung schlichtweg verzweifeln lässt. Und vermutlich nicht nur ihn.

 aus Verdener Nachrichten vom 27.10.2017