Sommerreihe „Den Reichstag entdecken“ – Teil 4

Sommerreihe „Den Reichstag entdecken“ – Teil 4

PlenarsaalStation 4: Plenarsaal

Die nächste Station steht maßgeblich für unsere politische Kultur.  Es ist ein Raum des Debattierens, des Hinterfragens und des Abstimmens, ein Raum der Demokratie. Der Papst hat dort gesprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde hier ebenso gewählt wie unser Staatsoberhaupt Bundespräsident Joachim Gauck. Sicher weiß jeder, welcher besondere Raum des Reichstages gemeint ist: der Plenarsaal.

Fast doppelt so groß wie der ursprüngliche Plenarsaal zu Kaisers Zeiten, sitzen die Fraktionen des Deutschen Bundestages halbkreisförmig aufgereiht dem Präsidium, der Regierungsbank und der Bank der Ländervertreter gegenüber. Sie alle blicken auf unseren Bundesadler, liebevoll fette Henne genannt, der stolz und mächtig über dem Präsidium schwebt. Das Foto ist aus der Sicht der Besucher aufgenommen, die auf den Besuchertribünen eine Plenardebatte verfolgen können.

Besonders aufregend wird es für Besucher dann, wenn ein Hammelsprung ansteht. Gibt es keine eindeutigen Mehrheiten bei einer Abstimmung, wird dieses Verfahren eingeleitet. Dabei werden alle Abgeordneten über SMS und Lautsprecherdurchsagen in allen Parlamentsgebäuden darüber informiert, dass sie sich vor dem Plenarsaal einfinden müssen. Dort gibt es drei Türen, die jeweils für ja, nein oder Enthaltung stehen, durch die es zu gehen gilt. Auf diese Weise lässt sich das Abstimmungsergebnis personengenau auszählen.

1933 kam es durch Brandstiftung zu einem schweren Feuer im Plenarsaal. Dieses Ereignis nutzte Adolf Hitler um mit seinen Notstandsgesetzen die Grundlagen unseres Rechtstaates auszuhebeln. In der zweiten Bauphase in den 60ern und 70ern wurde dann renoviert. Ausstellungen und Veranstaltungen haben im Plenarsaal stattgefunden. Mit Norman Foster wurde der Raum dann wieder seiner ursprünglichen Funktion, nämlich dem Parlament eine Versammlungsstätte zu geben, zurückgeführt. Der Saal erfüllt höchste ökologische Standards. So wird zum Beispiel über einen Trichter, der von der Kuppel in den Saal ragt, nicht nur die Be- und Entlüftung geregelt, sondern auch blendfreies Tageslicht in den Raum geleitet. Außerdem ist eine Wärmerückgewinnungsanlage installiert, die die in der Abluft vorhandene Energie für die Beheizung des Gebäudes nutzt. Weitere technische Highlights, wie zum Beispiel Photovoltaikanlagen auf dem Dach und eigene Blockheizkraftwerke, runden das Energieversorgungssystem des Parlamentsviertels ab, würden an dieser Stelle aber den Rahmen sprengen.

Wir laufen lieber ein paar Schritte weiter und nähern uns der nächsten Station, dem berühmten Westbalkon, von dem es sich ganz wunderbar über den Tiergarten schauen lässt. Bekannt ist dieser Balkon natürlich nicht nur wegen seiner guten Aussicht…