Sondersitzung im Bundestag zu Griechenland

Sondersitzung im Bundestag zu Griechenland

mattfeldt 05

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,

die nicht einfachen Sondersitzungen des Deutschen Bundestages sind zu Ende. Entscheidende und zentrale Frage war, ob mit Griechenland über weitere Hilfsmaßnahmen verhandelt werden soll: jeder Abgeordnete musste diese Frage für sich allein beantworten.

Niemand unserer CDU/CSU-Fraktion hat sich diese Entscheidung leicht gemacht. Egal, ob die Kollegen letzten Endes mit „Ja“ oder auch mit „Nein“ gestimmt haben: viele haben lange mit sich gerungen, immer wieder Vor- und Nachteile der beiden Standpunkte überdacht und gegeneinander abgewogen.

Es steht fest, dass niemand allein für sich das Wissen um den richtigen Weg in Anspruch nehmen kann. Allerdings habe ich den Eindruck, dass sich unsere Fraktion mit der Entscheidung über weitere Hilfen am Schwersten tut, was allein die gestrige Fraktions-Sondersitzung belegt, die über 5 Stunden dauerte. Offensichtlich hatten alle anderen Fraktionen deutlich weniger Schwierigkeiten mit der Entscheidungsfindung…

Ich habe mit „Nein“ gestimmt. Es ist mir nicht leichtgefallen, zumal ich weiß, wie schwer die Verhandlungen für unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel und unseren Finanzminister Wolfgang Schäuble gewesen sind. Beide haben alles gegeben und ohne die konsequente –von linker Seite massivst kritisierte – Haltung der Beiden hätte es dieses stringente Reformprogramm für Griechenland nicht gegeben.

Dennoch kann ich den weiteren Hilfen für Griechenland nicht zustimmen. Seit nunmehr 5 Jahren begleite ich die Verschuldungskrise im Euroraum. Zu Recht und voller Überzeugung habe ich den Hilfspaketen für Portugal, Spanien und auch Irland zugestimmt. Diese Zustimmung und Befürwortung der Hilfen wurde nicht enttäuscht und es ist offensichtlich, dass diese Länder mittlerweile auf einem guten Weg sind. Auch dem griechischen Volk haben wir mehrere Chancen gegeben, obwohl wir wussten, dass die Gesamtsituation und der Reformwille hier weitaus schwieriger zu bewerten ist.

Ich bin Kaufmann und selbstständiger Unternehmer. Es mag vielleicht sein, dass ich die Situation zu „kaufmännisch“ bewerte, aber besonders nach dem sehr prägnanten Votum des griechischen Volkes und seiner Regierung, Reformen in Griechenland abzulehnen, kann ich nicht anders, als gegen weitere Verhandlungen mit Griechenland zu votieren. Mein Vertrauen in die griechische Politik ist restlos zerstört. Ferner gilt es, die Volksabstimmung der Griechen zu respektieren.

Die wenig konkreten Aussagen, wie ein funktionierender Überwachungsmechanismus zur Umsetzung der Reformen installiert wird, lassen mich weiter zweifeln, dass nun ein positiverer Weg in Griechenland einschlägt. Gerade diesen funktionierenden Überwachungsmechanismus habe ich vor einigen Jahren gefordert und bin leider enttäuscht worden. Von den nicht realisierbaren Privatisierungserlösen von rund 50 Mrd. Euro möchte ich gar nicht sprechen.

Mir ist bewusst, dass meine Entscheidung nicht von allen geteilt wird. Für ein wohlwollendes Votum hinsichtlich weiterer Verhandlungen mit Griechenland müsste ich alle meine Überzeugungen und Erfahrungen – sowohl politisch als auch beruflich – über Bord werfen

Dies kann ich nicht. Ich möchte Sie hierfür um Verständnis bitten und hoffe, dass Sie als Wähler mir dieses Abstimmungsverhalten nicht allzu übel nehmen.

Ihr

Andreas Mattfeldt