Übungsplatz: Bundeswehr prüft noch

Mitte des Jahres soll Entscheidung fallen / Verteidigungs-Staatssekretär zu Besuch in der Lützow-Kaserne

Die Bundeswehr will die Lützow-Kaserne in Schwanewede bis Ende 2015/Anfang 2016 räumen. Das hat Verteidigungs-Staatssekretär Thomas Kossendey gestern bei einem Besuch in Schwanewede angekündigt. Ob mit der Kaserne auch der Truppen-Übungsplatz geschlossen wird, ist noch offen. Bis Mitte des Jahres will das Verteidigungsministerium entscheiden.
Von Gabriela Keller

Schwanewede. Kossendey sprach gestern in der Kaserne zunächst mit den Kommandeuren der Schnellen Einsatzkräfte Sanitätsdienst (SES) der Standorte Leer und Schwanewede, Ulrich Baumgärtner und Michael Clauss. Im Anschluss folgte ein Gespräch in größerer Runde mit Bürgermeister Harald Stehnken, Dezernent Richard Eckermann vom Landkreis Osterholz, Vertreter weiterer in Schwanewede stationierter Einheiten, sowie den Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeldt (CDU) und Herbert Behrens (Die Linke).

 

Der Besuch des Staatssekretärs hat in einigen Fragen Klarheit geschaffen. Der Zeitplan für den Abzug der Truppe aus Schwanewede steht in groben Zügen fest. „Ende 2015/Anfang 2016 kann die Übergabe der Kaserne an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben erfolgen“, so Kossendey. Bis dahin sollen die derzeit 720 „schnellen Sanitäter“ in Schwanewede die Liegenschaft geräumt haben. Der Personalabbau soll nach den Worten des Leerer Kommandeurs Baumgärtner schrittweise und auch im Zuge „der normalen Fluktuation“ geschehen. „Wir beginnen jetzt schon mit der Straffung der Strukturen.“ Die Masse der Soldaten soll laut Baumgärtner 2013/14 versetzt werden. Einen Teil werde man in Leer unterbringen können. „Bis Ende 2014 wollen wir den Standort in Schwanewede auf knapp 250 Soldaten reduzieren.“ Die verbleibenden Soldaten sollen bis zum endgültigen Toresschluss in der Kaserne die Stellung halten, um Restarbeiten zu erledigen.

Ungeklärt ist nach wie vor die Frage, ob mit der Kaserne auch der 480 Hektar große Truppen-Übungsplatz geschlossen wird. Das letzte Wort ist dazu im Verteidigungsministerium noch nicht gefallen, machte Kossendey gestern deutlich. „Wir werden das im Rahmen der Feinausplanung bis Ende Mai/Anfang Juni entscheiden.“ Laut Kossendey hängt alles davon ab, ob sich andernorts alternative Übungsmöglichkeiten finden lassen. Das gelte vor allem mit Blick auf den Teil des Schwaneweder Geländes, in dem Kettenfahrzeuge üben. „Es ist die Frage, ob wir es hinkriegen, so etwas woanders einzurichten.“ Das ist offenbar auch eine Kostenfrage. In den Kettenfahrzeug-Bereich in Schwanewede habe die Bundeswehr viel Geld investiert, so Kossendey.

„Wir werden jetzt in Ruhe Alternativ-Standorte prüfen“, kündigte er an. Harald Stehnken hätte ein klares Ja zur Aufgabe des Übungsplatzes lieber gehört. Da ist sich der Bürgermeister mit den Kommunalpolitikern einig. Die Schwaneweder würden aus dem Gelände lieber ein Naherholungsgebiet machen. „Ich hoffe sehr, dass uns nach dem Aus für die Kaserne mit dem Truppen-Übungsplatz nicht eine weitere Last ins Nest gelegt wird.“

Unterstützung bekommt die Gemeinde von den beiden Bundestagsabgeordneten. „Die Soldaten gehen, aber der Dreck in Gestalt des Übungsplatzes bleibt zurück -das ist nicht hinnehmbar“, findet Andreas Mattfeldt. Er habe den niedersächsischen Ministerpräsidenten auf das Problem angesprochen. Laut Mattfeldt will David McAllister für die komplette Auflösung des Standortes ein gutes Wort im Verteidigungsministerium einlegen.

Die Gemeinde Schwanewede soll Teile des Kasernengeländes schon vor dem Abzug der Soldaten nutzen können. „Ja, das ist möglich“, sagte Kossendey gestern auf eine Frage der NORDDEUTSCHEN. Es sei vereinbart worden, dass sich der Bürgermeister und Kommandeur Michael Clauss zusammensetzen und klären, welche Teile des Geländes für eine frühzeitige Nutzung infrage kommen. Das gilt laut Kossendey auch für die Sportanlagen. „Mit dem Personalabbau der Bundeswehr werden Hallenzeiten frei.“ Er habe der Gemeinde angeboten, dass von der Bundeswehr nicht mehr genutzte Hallenzeiten von Sportvereinen in Anspruch genommen werden könnten.

Beim Verkauf des Kasernengeländes durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) soll die Gemeinde als erste die Hand drauf haben. Ein entsprechendes Erstzugriffsrecht von Kommunen, die von Standortschließungen betroffen sind, hat der Haushaltsausschuss des Bundestags vergangene Woche beschlossen. Gemeinden haben danach die Möglichkeit, als Erste zu einem gutachterlich ermittelten Verkehrswert Flächen zu erwerben. Kaufgebote Dritter bleiben zunächst unberücksichtigt. Mattfeldt, der im Haushaltsausschuss für den Beschluss stimmte, sieht Vorteile für die Gemeinden. Sie bräuchten sich nicht auf einen Bieterwettbewerb einzulassen, der den Preis in die Höhe treiben könnte. „Indirekt“ beteilige sich der Bund so auch an den Konversionskosten.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 27.03.2012