Vollgas bei Fracking-Regelung

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) drückt aufs Tempo: Noch vor der Sommerpause soll sich das Bundeskabinett mit einem Gesetzentwurf zur umstrittenen Gasfördertechnologie Fracking befassen. Insgesamt sollen die Auflagen strenger werden. Manchen gehen sie indessen nicht weit genug.
VON MICHAEL LAMBEK

Berlin. In einem Brief an die Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Gesine Lötzsch (Linke), hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zwei Eckpunkte für eine künftig veränderte gesetzliche Regelung des Gas-Frackings benannt. Anders als bisher soll die Genehmigung der unkonventionellen Gasförderung unter Einsatz der umstrittenen Fracking-Technologie grundsätzlich an eine Umweltverträglichkeitsprüfung gebunden sein. Zweitens solle das Wasserhaushaltsgesetz verändert werden, heißt es in dem Brief, der der Redaktion vorliegt: Für Fracking müsse künftig eine Erlaubnis der Wasserbehörde vorliegen. Darüber hinaus werde die umstrittene Fördertechnik in Wasserschutzgebieten grundsätzlich verboten.

Bei der Technologie wird Gestein in 1000 bis 5000 Metern Tiefe unter Einsatz eines flüssigen Gemisches aus Wasser, Sand und Chemikalien mit hohem hydraulischen Druck aufgebrochen. Dank moderner Technik, bei der erst nach unten gebohrt wird und dann Querbohrungen stattfinden, kann das Gas aus den tiefen Schichten gefördert werden. In den USA führte das Verfahren zu einem Boom dieser Förderung. Auch in Deutschland werden etwa in Schiefergestein nennenswerte Vorkommen vermutet. Eine Studie des Bundesumweltamtes geht davon aus, dass die Gasvorkommen in den deutschen Schieferformationen und Kohleflözen den Bedarf für einen Zeitraum von rund 13 Jahren decken könnten.

Gabriel will die Gesetzesänderung schnell realisieren: Noch vor der Sommerpause soll das Kabinett sich mit den Gesetz- und Verordnungsentwürfen befassen, bevor sie dann an den Bundesrat weitergeleitet werden. Nach der Vorstellung des Ministers kann die Neuregelung 2015 in Kraft treten.

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) begrüßte die wasser- und bergbaurechtlichen Pläne, machte allerdings auch deutlich, dass ihm die Regelung nicht weit genug geht. Wenzel erinnerte an die Beschlusslage der Umweltkonferenz des Bundes und der Länder, die einen Verzicht auf unkonventionelle Gasförderung gefordert hatten. Die unkonventionelle Gasförderung beutet Schiefergestein aus und reicht in eine Tiefe von 800 bis 1200 Meter, während die konventionelle Förderung das Gas in einer Tiefe von 3500 bis 5000 Meter gewinnt.

Während im Wirtschaftsministerium betont wird, das Fracking-Moratorium gelte so lange, bis ein Einsatz ohne giftige Substanzen möglich sei, mahnt SPD-Umweltpolitiker Frank Schwabe, hier nicht zu wackeln. „Wir brauchen eine Gesetzgebung, die Fracking in Schiefergestein zur jetzigen Zeit unmöglich macht“, sagte er. Die Grünen im Bundestag glauben genau daran nicht. Sie vermuten dagegen den Versuch, ein „Fracking-Ermöglichungsgesetz“ auf den Weg zu bringen.

Der Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt (CDU) aus Langwedel (Kreis Verden) forderte unterdessen, sich intensiver um die konventionelle Gasförderung zu kümmern und hält dem Wirtschaftsminister vor, entscheidende Aspekte in seinem Gesetzesvorhaben nicht zu berücksichtigen. Dazu gehört für Mattfeldt mit Blick auf die jüngsten, durch Erdgasförderung verursachten Erdbeben in den Landkreisen Verden und Diepholz eine Beweislastumkehr im Bergschadensrecht. „Es kann nicht angehen, dass die Geschädigten den Unternehmen beweisen müssen, dass die Schäden Folgen der Erdgasförderung sind“, sagte er. Es müsse genau umgekehrt sein.

Mattfeldt fordert darüber hinaus eine verbindliche Regelung für den Umgang mit dem Lagerstättenwasser, dem Abfallprodukt der Gasförderung. „240 Millionen Liter hoch mit Benzol und Quecksilber belastetes Abwasser werden jedes Jahr in den Landkreisen in den Boden verpresst“, sagte er. Die Pflicht zur Aufbereitung und Entsorgung der Schadstoffe müsse zwingend in die Veränderung des Wasserhaushaltsgesetzes aufgenommen werden, forderte der Abgeordnete.

Weser Kurier und Verdener Nachrichten vom 05.06.2014