Wahlkreis Verden-Osterholz: CDU-Kandidat Andreas Mattfeldt holt sich erneut das Direktmandat

Landkreis Osterholz. Am Sonntagnachmittag blühte bei den Wahlhelfern in der Findorffschule der Flachs. Feixend beobachteten die Ehrenamtler im Wahllokal, wie der Berichterstatter auf dem winzigen Stühlchen in der Wahlkabine Platz nahm und seine Kreuzchen machte, um hernach wieder mühsam in die Senkrechte zu kommen. Die gute Laune im Wahlraum 10 hatte allem Anschein nach mit der regen Wahlbeteiligung zu tun: „Es ist richtig voll hier“, sagte eine zufrieden wirkende Helferin auf Nachfrage. Langeweile kam also keine auf. Dabei sollte es erst nach Schließung der Wahllokale spannend werden.

Während die Stimmenauszählung in den Ortschaften unseres Verbreitungsgebiets gerade erst begann, erklärte die Bundes-SPD über Twitter und TV bereits, dass sie in die Opposition gehen werde. Einzelne Ortschaften von Oyten, Ottersberg und Thedinghausen waren mit der Stimmenauszählung am schnellsten fertig, gefolgt von Kirchlinteln und Schwanewede. Die Dörfer sahen Andreas Mattfeldt bei mehr als 50 Prozent der Erststimmen – und bei einem besseren Ergebnis, als es die Union bei den Zweitstimmen holen sollte. Ähnlich sollte es für Enak Ferlemann in der Gemeinde Hagen am frühen Abend aussehen. Der uneinholbare Vorsprung der Union vor der SPD zog sich durch den ganzen Abend.

Während im Stadtgebiet von Osterholz-Scharmbeck die Hülseberger als erste mit dem Zählen fertig waren, gefolgt von Teufelsmoor, waren in der Gemeinde Ritterhude die Stendorfer und dann die Lesumstoteler besonders fix. Wer den Fortgang der Auszählung für Hambergen im Internet verfolgen wollte, musste sich lange gedulden, bis die Wahlleitung im Verdener Kreishaus die ersten Schnellmeldungen aus der Samtgemeinde ins Netz stellte. Besser machten es die Ritterhuder, die – ähnlich wie auch die Kreisstadt – Gemeindezahlen auf www.ritterhude.de veröffentlichten, bevor die Verdener Wahlleiter es ihnen gleich taten. So ließ sich dort auch verfolgen, dass sich Andreas Mattfeldt (CDU) und Christina Jantz-Herrmann (SPD) in der Hamme-Gemeinde sowie in der Kreisstadt ein knappes Rennen bei den Erststimmen lieferten, das die Schwanewederin in Ritterhude hauchdünn verlor, in Osterholz-Scharmbeck aber mit 5142:4776 für sich entschied.

Klare Verhältnisse herrschten unterdessen schon früh in Gnarrenburg. Die Gemeinde, die zum Wahlkreis Stade I- Rotenburg II gehört, war um 19:26 Uhr fertig und meldete 47,5 Prozent für Oliver Grundmann, der angetreten war, das Direktmandat für die CDU zu verteidigen – mit 41 Prozent bei den Gnarrenburger Zweitstimmen sah es bis Redaktionsschluss gut für ihn aus. Grundmanns Herausforderer Oliver Kellmer (SPD) sammelte in der Gemeinde Gnarrenburg 33,5 Prozent Erststimmen – bei 31,3 Prozent Zweitstimmen für die Sozialdemokraten. Wie im Bundestrend setzte es herbe Verluste für die bisherigen Großkoalitionäre.

Mit dem Fortgang des Abends zeigte sich immer deutlicher, dass die gut gelaunte Wahlhelferin in der Findorffschule mit ihrer Einschätzung richtig gelegen hatte: Nahezu sämtliche Zahlen deuteten auf eine gestiegene Wahlbeteiligung hin. Es war noch früh am Wahlabend, und deshalb zögerte Andreas Mattfeldt zunächst, sich schon als Sieger in seinem Wahlkreis feiern lassen zu wollen. „Solange noch nicht alles ausgezählt ist, sage ich nichts zu einem Ergebnis“, meinte der Christdemokrat. Doch dann, angesichts des Trends im Wahlkreis sagte er doch etwas. „Natürlich freue ich mich über das Ergebnis. Es ist ein Vertrauensbeweis meiner Arbeit in den letzten acht Jahren.“

So sehr sich Andreas Mattfeldt über sein eigenes Abschneiden freute, für ausgelassenen Jubel sah er aber keinen Anlass. Die Verluste seiner eigenen Partei, den Einzug der AfD beschäftigten auch ihn. Beide großen Volksparteien hätten einen Fehler gemacht. Sie hätten in der Flüchtlingsfrage nicht schnell genug entschieden. „Die Menschen hatten den Eindruck, wir haben die Kontrolle an der Grenze verloren.“ Und dies sei ja auch nicht ganz falsch. Er habe schon 2015 als erster Politiker im Bundestag daraufhin gewiesen und sei dafür von seinem Fraktionsvorsitzenden gerüffelt worden. Mattfeldt betonte, dass sowohl die Christdemokraten, aber auch die SPD nun ihre Schlüsse daraus ziehen müssten. Er werde auch weiterhin seine Meinung sagen, auch „wenn ich weiß, dass ich dafür wieder eins vors Schienbein bekommen werde“.

„Die Große Koalition ist abgewählt worden“, gab Christina Jantz-Herrmann zu. Insofern sei die Entscheidung, in die Opposition zu gehen, die einzig richtige. „Der Wähler hat die gute Arbeit, die wir geleistet haben, nicht anerkannt. Die Stimmung in der Bevölkerung hat sich gegen die GroKo gewendet.“ So blieb ihr beim Wahlabend der SPD in Oyten nur der Dank an die Genossen und an die Familie, die ihr bis zuletzt den Rücken gestärkt und frei gehalten hätten. Die Sozialdemokraten, so Jantz-Herrmann, müssten sich jetzt Zeit nehmen für einen Neuanfang. Zum guten Abschneiden der AfD erklärte sie, ihr blute das Herz, wenn sie sich vor Augen führe, mit wie vielen Abgeordneten diese Partei sich im neuen Bundestag zu Wort melden werde.

Auch für Gero Hocker, den Direktkandidaten der FDP, war das Wählervotum für die AfD der Wermutstropfen an einem ansonsten höchst erfreulichen Abend, für die Freidemokraten und für ihn persönlich. Über den Landeslistenplatz vier zieht der Achimer erstmals ins Bundesparlament ein. „Von einer Verdoppelung der FDP-Stimmen gegenüber 2013 hätte ich nicht zu träumen gewagt“, gab Hocker zu. Die vier Jahre in der außerparlamentarischen Opposition seien nicht einfach gewesen und hätten die Ausgangsposition im Wahlkampf erschwert.

Zum AfD-Ergebnis führte Hocker aus, dass die etablierten Parteien sich fragen müssten, wie es dazu kommen konnte. Es müsse möglich sein, über alternative Konzepte zu diskutieren, ohne als Rechtsradikaler dazustehen „oder in die populistische Ecke abzudriften“. Er sei gespannt, so der Liberale, welche Antworten die AfD über Europa und die Flüchtlingsdebatte hinaus zu anderen Themen geben könne. Die Ankündigung von Martin Schulz, sich „vom Schmollwinkel aus“ Koalitionsgesprächen zu verschließen, fand Hocker „inakzeptabel für eine demokratische Partei“.

Herbert Behrens, Direktkandidat der Linkspartei, zeigte sich ebenfalls sehr beunruhigt über die „dramatische Rechtswendung“, die sich im Wahlergebnis ausdrücke. Dass er ohne Listenplatz-Absicherung im Stadtgebiet 12,2 Prozent für sich und 9,3 Prozent für die Linke habe holen können, sei allerdings eine schöne Bestätigung der eigenen Arbeit, die ihm Rückenwind für den Landtagswahlkampf gebe. Anders als im Bund hat Behrens auf Landesebene einen aussichtsreichen Listenplatz, wenn die Linke mehr als fünf Prozent holt. Kreis- und wahlkreisweit sehe er die Linke gestärkt.

aus Osterholzer Kreisblatt vom 25.09.2017