Weiter „wilde Ehe“ von SPD und CDU?

Wer im neuen Verdener Kreistag sitzt / Abgeordnete haben zwischen 135 und 4773 Stimmen bekommen
Von Johannes Heeg

Verden. Die „wilde Ehe“ von SPD und CDU im Verdener Kreistag wird wohl fortgesetzt. Zwar betonen Sprecher der beiden großen Parteien, die beide je einen Sitz abgeben mussten, dass „noch Gespräche geführt“ werden sollen. Doch machen weder CDU-Fraktionschef Wilhelm Hogrefe noch Landrat Peter Bohlmann (SPD) noch SPD-Fraktionssprecher Heinz Möller einen Hehl daraus, dass sie „die bewährte Verantwortungsgemeinschaft fortsetzen“ wollen.

„Die Wähler haben es honoriert, dass die CDU Landrat Bohlmann unterstützt hat“, sagt Hogrefe. Seine Partei hat gut ein Prozent weniger Stimmen bekommen als vor fünf Jahren, habe aber wesentlich weniger verloren als in den Nachbarlandkreisen. „Das Ergebnis zeigt, dass die Vernünftigen im Kreistag zusammenarbeiten sollten. Die Leute wollen eben keinen unproduktiven Streit im Kreistag, sondern Ergebnisse“, sagt der Landtagsabgeordnete, der mit 3493 Stimmen das zweitbeste Ergebnis aller Kreistagsabgeordneten erzielt hat.

Mit großem Abstand auf Platz eins unter allen 50 Kreistagsmitgliedern landete der frühere Langwedeler Bürgermeister und jetzige Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt, der 4773 Stimmen einheimste. „Ich nehme das Mandat selbstverständlich an“, sagte Mattfeldt gestern auf Anfrage. Er wolle gerne sein Wissen als Bundespolitiker in die Kommunalpolitik einbringen. „Es läuft vieles gut im Landkreis Verden, aber nicht alles“, meint er. So seien die defizitären Krankenhäuser nach wie vor die Sorgenkinder des Landkreises. „Vor fünf Jahren haben leider auch meine schwarzen Brüder eine falsche Entscheidung getroffen, als sie sich gegen einen modernen Neubau in der Mitte des Landkreises ausgesprochen haben“, so Mattfeldt.
Sein Wahlergebnis, das „in Niedersachsen einmalig“ sei, habe er seinem Einsatz für die Region zu verdanken, sagt er. „Ich bin kein Parteipolitiker“, meint er. Die Wähler wüssten zu schätzen, dass er selbstbewusst und auch durchaus kritisch gegenüber seiner eigenen Partei auftrete. Die ursprünglich für heute angesetzte Sitzung des CDU-Kreisvorstands wurde auf Donnerstag verlegt, weil Mattfeldt Termine in Berlin hat. „Ich hoffe, dass der Landrat bei der Planung der Kreistagssitzungen Rücksicht auf die Sitzungswochen des Bundestags nimmt“, so Mattfeldt.

Für die Weiterführung der nie offiziell besiegelten großen Koalition aus SPD und CDU hatte sich Landrat Peter Bohlmann schon am Wahlabend ausgesprochen. „Die Wähler haben eine erfolgreiche Wahlperiode honoriert“, so der mit großer Mehrheit wiedergewählte Chef der Kreisverwaltung, der keinen CDU-Gegenkandidaten hatte. Das gelte für die Arbeit des Kreistags, die von einer engen Zusammenarbeit der beiden großen Fraktionen SPD und CDU geprägt war, aber auch für ihn selbst und die Kreisverwaltung.

Auch SPD-Sprecher Möller kann sich ebenfalls eine Fortsetzung der rot-schwarzen Zusammenarbeit vorstellen. „Wir haben gut mit der CDU zusammengearbeitet und unser Wahlprogramm voll inhaltlich umgesetzt“, sagt Möller. Die Haushaltskonsolidierung klappe mit der CDU besser als mit den Grünen. Gestern Abend kam der SPD-Kreisvorstand zusammen, um eine Sondierungskommission zu bilden. „Wir sprechen mit CDU und Grünen“, betont Möller.
Die Grünen werden im neuen Kreistag mit neun Köpfen zwar über die größte Fraktion aller Zeiten verfügen. Doch welche Gestaltungsmöglichkeiten hat die Öko-Partei angesichts der sich abzeichnenden Großen Koalition? „Die Grünen werden auf jeden Fall eine größere Bedeutung haben“, sagt Fraktionschefin Ulla Schobert. Sie stünden für mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz, für eine schnellere Energiewende und für mehr Chancengleichheit. „Die Menschen haben honoriert, dass wir uns für diese Themen einsetzen“, so Schobert. Zudem sei es auch nicht so, dass alle Mitglieder der beiden großen Fraktionen eine allzu enge Zusammenarbeit uneingeschränkt guthießen. Insbesondere in der SPD seien „nicht alle damit glücklich“, glaubt sie. Die neue Grünen-Fraktion kommt am Mittwoch zu ihrer ersten Sitzung zusammen.

Größte Fraktion auch im neuen Kreistag ist die SPD. Das beste Ergebnis erzielt Jutta Sodys aus Verden mit 2849 Stimmen. Der 19-köpfigen Fraktion gehören zudem an: Gwendolin Jungblut (Achim, 2149 Stimmen), Heiko Oetjen (Oyten 1977 Stimmen), Hans-Hermann Prüser (Langwedel 1644 Stimmen), Jalina Ehlers (Thedinghausen 1623 Stimmen), Diethelm Ehlers (Thedinghausen, 1441 Stimmen), Tim Austermann (Dörverden 1353 Stimmen), Elke Beckmann (Kirchlinteln, 1186 Stimmen), Heinz Möller (Verden, 1095 Stimmen), Ralf Großklaus (Oyten, 834 Stimmen), Wolfgang Ewert (Langwedel, 820 Stimmen), Richard Eckermann (Kirchlinteln, 773 Stimmen), Bernd Junker (Achim, 751 Stimmen), Fritz-Heiner Hepke (Achim, 746 Stimmen), Katja Starke-Heinbokel (Ottersberg, 697 Stimmen), Gerard-Otto Dyck (Verden, 552 Stimmen), Anne-Karen Quillfeldt (Achim, 375 Stimmen), Siegfried Ukat (Oyten, 287 Stimmen) und Eva-Maria Hibbeler (Verden, 245 Stimmen).

Der 18-köpfigen CDU-Fraktion gehören an: Andreas Mattfeldt (Langwedel, 4773 Stimmen), Wilhelm Hogrefe (Kirchlinteln, 3493), Heinrich Klopp (Verden, 2681), Rainer Ditzfeld (Achim, 2569), Jens Richter (Verden, 2090), Adrian Mohr (Dörverden, 2043), Reiner Sterna (Ottersberg, 1890), Annameta Rippich (Achim, 1437), Carsten Puvogel (Ottersberg, 1126), Günter Lühning (Kirchlinteln, 1103), Axel Rott (Langwedel, 1057), Heinrich Luttmann (Kirchlinteln, 989), Werner Bahrenburg (Ottersberg, 914), Bodo Becker (Oyten, 821), Gebhard Rosenthal (Verden, 663), Annelie Meyer-Coordes (Verden, 428), Thomas Maruhn (Langwedel, 408) und Karl-Heinz Lichter (Achim, 358).

Die neunköpfige Grünen-Fraktion besteht aus Karin Labinsky-Meyer (Oyten, 1339 Stimmen), Petra Krüler (Langwedel, 1147), Ulla Schobert (Verden, 925), Martin Deter (Verden 843), Susanne Hüneke (Achim, 708), Frank-Peter Seemann (Kirchlinteln, 684), Axel Eggers (Achim, 392), Erich von Hofe (Ottersberg, 386) und Reinhard Schröder (Langwedel, 135).
Die FDP-Fraktion bilden Henning Wittboldt-Müller (Verden, 661 Stimmen) und Michael Dräger (Kirchlinteln, 320). Ebenfalls in den Kreistag gewählt wurden Rigolf Hennig (Verden, NPD, 571 Stimmen) und Ulrich Steinmeyer (Verden, Die Linke, 162 Stimmen).
© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 13.09.2011