Aus der Ablage „P“ – … für Parlamentarier

 

Das neue Jahr ist noch ganz jung, da blickt man gerne nocheinmal zurück. War da was? Das kann man wohl sagen, wenn man auf das schaut, was die Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Osterholz/Verden übers Jahr produziert haben, um die geneigte Wählerschaft an ihrem politischen Leben in Berlin und anderswo teilhaben zu lassen. Wir haben einen Blick darauf geworfen, was von Christina Jantz (SPD), Andreas Mattfeldt (CDU) und Herbert Behrens (Die Linke) übers Jahr an Mitteilungen ins Haus geflattert kam. 

VON LUTZ RODE
Landkreis Osterholz. Christina Jantz hat seit kurzem einen neuen Posten. Zweite Vorsitzende ist die 36-Jährige geworden, vom Werder Bremen-Fanclub „Bundesstag Grün-Weiß“. Im November schickte die SPD-Politikerin diese Nachricht samt Foto per Pressemitteilung aus Berlin in die Welt. Wie viele Leute davon Notiz genommen haben, ist nicht bekannt. Doch die Botschaft ist klar: Politiker sind manchmal eben auch nur Fußball-Fans mit Heimatverbundenheit. Kann ja nicht schaden, das dass mal öffentlich bekannt gegeben wird, oder? 
Das Bild wäre wohl schief geraten, wenn jetzt der Eindruck entstünde, die Pressearbeit der Abgeordneten hätte nur aus solchen menschelnden Randnotizen des ansonsten durchaus harten Bundestagsalltags bestanden. Ein Jahr lang haben wir die Mitteilungen gesammelt, die die Redaktion von den Parlamentariern der Region erhielt. Den Anspruch auf Vollständigkeit erheben wir nicht. Mag sein, dass in der Hektik des Alltags die eine oder andere Pressenotiz doch nicht den Weg in die Ablage „P“ für Parlamentarier gefunden hat. Doch für den groben Überblick dürfte reichen, was da zusammengekommen ist. 
Die gesammelten ausgedruckten E-Mails der Abgeordneten haben sich auf dem Schreibtisch zu einem dicken Stapel aufgetürmt. Auf geschätzte 70 bis 80 Pressemittelungen bringt es allein Christina Jantz von der SPD, die erstmals in den Bundestag gewählt worden ist. Dicht dahinter folgt Andreas Mattfeldt (CDU), für den die Arbeit in Berlin schon Routine ist, gehört er dem Parlament doch schon seit 2009 an. Herbert Behrens (Die Linke), ebenfalls seit 2009 im Geschäft, ging mit seinen Zuschriften an die Redaktion eindeutig am sparsamsten um. 
Nun wissen wir ja alle: Die Masse allein macht es nicht, auf den Inhalt kommt es an. Womit haben sich die Vollzeitpolitiker denn so im vergangenen Jahr befasst, wenn sie das elektronische Postfach der Redaktion befüllten? Gäbe es ein Wort des Jahres in diesem Bereich, würde der Begriff „Erdgasförderung“ oder „Fracking“ wohl ganz vorne landen – ein Thema, mit dem sich Mattfeldt seit langem befasst, spielt es sich doch direkt vor seiner Haustür in seiner Heimatgemeinde Langwedel im Landkreis Verden ab. Doch auch Osterholzerin Christina Jantz (SPD) hat sich in die Debatte eingeschaltet, die die Menschen in der Region aufmerksam verfolgen. Grün sind sich die beiden nicht – die Debatte ums geplante Fracking-Gesetz hat sie entzweit. Da wirft Mattfeldt seiner SPD-Kollegin schon mal ein „durchsichtiges Ablenkungsmanöver“ vor, während Jantz kühl kontert, dass nur Krawall machen auch nicht reiche. Und Herbert Behrens? Der hält sich aus diesem Zwist raus, lässt aber keinen Zweifel daran, dass die Linke für ein Fracking-Verbot eintritt. 
Klappern gehört zum Handwerk
Dass sich die Abgeordneten aus dem Wahlkreis Verden /Osterholz in ihren Mitteilungen so richtig beharken, ist die große Ausnahme. Jeder scheint irgendwie sein Ding zu machen. Höchstens ein Wettrennen darum, wer mit der guten Nachricht zuerst herauskommt, ist von Zeit zu Zeit zu beobachten: Dass es für die Liegenschaften des Technischen Hilfswerks nun ein Sonderprogramm gibt, verkündete Andreas Mattfeldt am 14. November, „in einer Nachtsitzung“ hätten sie das beschlossen, betont er. Christina Jantz zieht am 18. November nach, natürlich nicht ohne zu betonen, dass es die SPD-Bundestagsfraktion gewesen sei, die das Programm durchgeboxt habe. Klappern gehört zum politischen Handwerk, und manchmal klopft man sich eben auch auf die eigene Schulter. Das gilt nicht nur in den Reihen der SPD, auch die Christdemokraten beherrschen diese Disziplin. Auszug aus einer Mitteilung von Andreas Mattfeldt zur Sprachförderung in Kindergärten: „Ich habe nicht nur seinerzeit erfolgreich dafür gekämpft, dass die Kindertagesstätten in Osterholz-Scharmbeck in den Genuss der Mittel kommen, sondern habe mich auch jetzt dafür stark gemacht, dass die Förderung verlängert wird“, hält der CDU-Mann fest. 
Längst nicht alles, was bei uns an Mitteilungen gelandet ist, hat sich später in der Zeitung wiedergefunden. Was für die Region nicht relevant erscheint oder zu allgemein gehalten, bleibt schon mal auf der Strecke. Die Abgeordneten wissen das und haben sich darauf eingestellt: Wo es passt, wird Osterholz oder Verden möglichst mit erwähnt, weil klar ist, dass diese Schlüsselworte jeden Lokaljournalisten zumindest hellhörig werden lassen. Manchmal wirkt der lokale Bezug ein wenig konstruiert, schließlich gelten Programme für Städtebauförderung oder zur Förderung von Arbeitsplätzen im Mittelstand nicht nur in Osterholz oder Verden. 
Doch die hiesigen Abgeordneten haben im zurückliegenden Jahr natürlich auch ureigene Osterholzer Themen beackert: Die Zukunft der Schwaneweder Kaserne gehört dazu und auch die Ortsumgehung der Bundesstraße 74 zwischen Ritterhude und der Kreisstadt. Dass sich Schwanewede darum bemüht, in der Kaserne das Bundesamt für kerntechnische Entsorgung unterzubringen, unterstützen Jantz und Mattfeldt gleichermaßen. Und die B 74 „neu“? Richtig viel Neues gibt es dazu nicht, aber zumindest Gespräche darüber haben 2014 im Bundesverkehrsministerium stattgefunden. Motto: Mattfeldt vermittelt. Und Herbert Behrens? Der lässt wissen, dass er die Arbeit der jüngst gegründeten Bürgerinitiative gegen die Trasse durch eine parlamentarische Anfrage an die Bundesregierung unterstützen will.
Fairerweise muss erwähnt werden, dass die Parlamentarier längst ihre Nachrichten über ihre eigenen Kanäle verteilen – sei es auf der Internet-Seite, in Newslettern, im Blog oder via Facebook und Twitter. Alle wissen die elektronischen Medien zu nutzen, mehr Transparenz war nie. Doch es geht dabei nicht nur um die reine Nachricht. Die Informationsflut kann auch als eine Art Arbeitsnachweis gegenüber denen verstanden werden, die sie in den Bundestag gewählt haben. Solle später bloß keiner behaupten, die Abgeordneten hätten sich nicht für ihren Wahlkreis oder bundesweit wichtige Themen stark gemacht – oder zumindest mitgeredet. 
Bunter Themen-Strauß
Manchmal kann einem fast schwindelig werden, so bunt ist der Strauß an Themen, mit denen sich die Abgeordneten zu beschäftigen scheinen. Lagerstättenwasser, Stromtrasse, Freihandelsabkommen, Sterbehilfe, Maut, Frauenquote, Tierversuche, und ach ja, nicht zu vergessen, den demografischen Wandel verlieren sie dabei natürlich auch nicht aus den Augen. Sogar um Eiweißpflanzen kümmern sich die Abgeordneten in Berlin, deren Anbau mit drei Millionen Euro pro Jahr aus dem Agrarhaushalt gefördert werden soll. Wer es noch nicht wusste, wird prompt aufgeklärt: Sojabohnen, Futtererbsen, Ackerbohnen oder Lupinen gehören dazu. So tragen die Abgeordneten manchmal eben auch zur Erhöhung des Allgemeinwissens bei. Bildungsauftrag „jantz“ nebenbei mit erfüllt, könnte man sagen. 
Beliebt in Abgeordnetenkreisen sind auch Berichte über Besuche verschiedener Art. Wenn Gruppen aus der Region auf Einladung der Bundestagsabgeordneten nach Berlin fahren, um dort hinter die Kulissen des Bundestags zu gucken, kommt regelmäßig eine Pressemitteilung samt Foto dazu heraus. Aber auch wenn die Abgeordneten in der Region unterwegs sind und sich Betriebe anschauen, soll das der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden. Die Stippvisite auf dem Bauernhof gehört genauso dazu wie der Besuch eines Industrieanlagenbauers in der Region. 
Man darf gespannt sein, was das neue Jahre so bringt. Ob die Bundestagsabgeordneten und die dazugehörigen Büro-Mitarbeiter auch 2015 wieder ordentlich die Tastatur bedienen werden, um uns mit allerlei Informationen aus Berlin zu versorgen? 
Unsere Die Ablage „P“ wird auf alle Fälle freigeräumt, damit in der Redaktion wieder ausreichend Platz für neues Mitteilungsfutter aus Berlin vorhanden ist. 

 


Die Bundestagsabgeordnete Christina Jantz (SPD) und der Schatzmeister des Rennvereins Heinz Kohlstädt graben Mitte November auf der Rennbahn in Verden Erde für den Bundestag aus. FOTO: FOCKE STRANGMANN

Der Bundestagsabgeordnete Herbert Behrens (Die Linke) sprach im Osterholz-Scharmbecker Rathaus über den gläsernen Menschen und riet seinen Zuhörern zu einer Daten-sparsamen Lebensweise. VDO·FOTO: PETER VON DÖLLEN

Fädelte das Gespräch über die B-74 im Bundesverkehrsministerium in Berlin ein: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeld (Mitte) mit Landrat Bernd Lütjen (links) und Enak Ferlemann (Parlamentarischer Staatssekretär). FOTO: FR
Osterholzer Kreisblatt vom 5.1.2015