Böse Überraschung im Schluh

 Dachstuhl auf dem Pensionshaus marode / Sanierung kostet 327 000 Euro mehr / Bund übernimmt 160 000 Euro

Daniela Platz und Berit Müller haben eine Sorge weniger. Gerade hat der Haushaltsausschuss des Bundestags 160 000 Euro für die Sanierung des baufälligen Dachstuhls auf dem Pensionshaus bewilligt. Das ist knapp die Hälfte der Summe, die Martha Vogelers Urenkelinnen für das Haus im Schluh brauchen. Die Chancen stehen gut, dass Platz und Müller das Geld zusammenbekommen. „Bis Ende des Jahres sind wir fertig mit der Sanierung“, sagt Daniela Platz.

VON MICHAEL WILKE
Worpswede. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt verkündete die frohe Botschaft als Erster per Pressemitteilung, Titel: „Mattfeld rettet Dachsanierung beim Haus im Schluh“. Der Langwedeler Christdemokrat hatte sich in Berlin für den Zuschuss stark gemacht, auf Bitten von Landrat Jörg Mielke und Worpswedes Bürgermeister Stefan Schwenke. In Berlin fand Mattfeldt nach eigenen Angaben einen prominenten Unterstützer: Kulturstaatsminister Bernd Neumann. Der frühere Bremer CDU-Vorsitzende hält viel von Worpswede und seinem Kulturerbe.

Mattfeld sitzt im Haushaltsausschuss des Bundestages. Am Ende stand der Beschluss, dass sich der Bund mit 160 000 Euro an der Finanzierung der Dachsanierung beteiligt. Die wird mehr als doppelt so teuer. „Die gesamten Dach-Mehrkosten machen 327 000 Euro aus“, sagt Daniela Platz, die das Museum mit Vogeler-Möbeln und Vogeler-Grafiken im Haus im Schluh zusammen mit Berit Müller leitet.

Masterplan-Mittel reichen nicht
Eigentlich sollte die Sanierung der beiden Fachwerkhäuser im Schluh, in denen Martha Vogeler nach der Trennung von Heinrich Vogeler und dem Auszug aus dem Barkenhoff mit ihren drei Töchtern wohnte, längst abgeschlossen sein. 1,8 Millionen Euro stellte der Masterplan des Landes für die Sanierung und Modernisierung des Webhauses und des Pensionshauses bereit. Die Reetdächer der 300 Jahre alten Bauernhäuser mit Weberei, Pension und Vogeler-Sammlung waren marode, innen mussten sie klima- und lichttechnisch auf den neuesten Stand gebracht werden.

Die böse Überraschung offenbarte sich gleich zu Beginn der Dachsanierung im ehemaligen Wohnhaus von Martha Vogeler und ihren drei Töchtern. Dass das Reetdach undicht war, hatten Experten vorher festgestellt. „Das Problem ist der Bereich zwischen Decke und Dachboden“, erklärt Daniela Platz. „Als wir angefangen haben, die Zimmerdecken wegzunehmen, hat man gesehen, dass die Enden der großen Tragbalken im Fachwerk weggefressen waren.“ Statik-Experten stoppten die Sanierungsarbeiten – Teile des Dachstuhls waren baufällig. Das lag auch am Holzmaterial, das Martha Vogeler zu Beginn der 1920er-Jahre einbauen ließ. Es war die Zeit der Notjahre nach dem Ersten Weltkrieg, die Zeit der Inflation. „Das Pensionshaus wurde nach dem Ersten Weltkrieg aufgebaut, Geld gab’s nicht, Material gab’s nicht“, erklärt Platz. Daher habe ihre Urgroßmutter am Material gespart. „Die Holzprofile waren knapp bemessen. Wenn da der Holzbock reingeht …“ Es gebe etliche kniffelige Stellen, betont die Vogeler-Urenkelin. „Wir werden nicht darum herumkommen, einen Stahlträger einzuziehen“.All das kostet viel Geld, summa summarum 327 000 Euro mehr als geplant, denn es sind auch die strengen Auflagen des Denkmalschutzes zu beachten. Schnell war klar, dass die Masterplan-Mittel nicht reichen würden.

Nun wird der Bund 160 000 Euro zuschießen, weitere 50 000 sollen aus dem Landeshaushalt kommen. Die Restsumme von zirka 117 000 Euro müssen die beiden Frauen, die das Haus im Schluh in vierter Generation führen, durch Spenden aufbringen. Daniela Platz ist zuversichtlich. „Das schaffen wir.“ Wie? „Durch Förderer, die wir noch suchen müssen.“

Das Pensionshaus bleibt bis zum Ende des Jahres geschlossen. Doch können Besucher der Vogeler-Ausstellung, die am Pfingstsonnabend eröffnet wird, das Rosenzimmer nebenan im sanierten Webhaus sehen. „Die restaurierten Rosenmöbel sind so schön geworden, dass wir uns entschlossen haben, sie dort zu zeigen“, erklärt Platz. Die Vogeler-Sammlung mit Möbeln, Hausrat und Drucken wird im Webhaus ebenso präsentiert wie die alten Webstühle der ehemaligen Weberei.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 25.05.2012