Mattfeldt warnt vor Fracking

Erdgasförderung,  Mitsprache bei Gasförderung gefordert

Klingbeil drückt bei der Modernisierung des Bergrechts aufs Tempo – Mattfeldt warnt vor Fracking

Jörn Dirk Zweibrock
Kirchlinteln. Derzeit erhitzt die geplante Bohrung im Erdgasfeld Weißenmoor bei Odeweg in der Gemeinde Kirchlinteln die Gemüter (wir berichteten).  Die heimische Landtagsabgeordnete Dörte Liebetruth (SPD) macht den Gegnern der Gasförderung allerdings nur wenig Hoffnung, dass das Vorhaben noch verhindert werden kann. Grundlage für die Genehmigung der Bohrung Weißenmoor Z3 sei das alte Bundesbergrecht, das Bevölkerungs- und Umweltbelange nur wenig berücksichtige. „Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet an einer Modernisierung, die aber für das Genehmigungsverfahren von Weißenmoor Z3 aller Voraussicht nach zu spät kommen wird“, prognostiziert die Sozialdemokratin.

Die Ampel-Regierung im Bund hat im Koalitionsvertrag festgehalten, das Bergrecht zu modernisieren. Sozialdemokrat Lars Klingbeil aus dem Heidekreis, Pate für den Bundestagswahlkreis Osterholz-Verden, setzt sich bereits seit vielen Jahren dafür ein, den Kommunen bei der Regulierung der Erdgasförderung mehr Mitspracherecht zu geben. Nun hat er bei Robert Habeck (Grüne), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, nachgehakt, zu welchem Zeitpunkt die Änderung des Bundesbergrechts in Kraft treten wird und welche Änderungen dies für die von der Erdgasförderung betroffenen Bürger bedeutet.

Schutz von Heimat und Natur

Laut Klingbeil weist der Minister in seinem Antwortschreiben darauf hin, dass es bereits im vergangenen Jahr erste Fachgespräche mit Experten zum Bundesbergrecht gegeben und im Anschluss ein enger Austausch mit den zuständigen Fachleuten der Bundesländer stattgefunden habe. In der weiteren Ausführung erkläre der Bundeswirtschaftsminister, dass im Februar dieses Jahres Verbände und Nichtregierungsorganisationen zur Beratung herangezogen und zur Modernisierung des Bergrechts befragt worden seien. Sobald dieser Prozess abgeschlossen sei, wolle das Ministerium Eckpunkte zur Modernisierung des Bundesbergrechts entwickeln und die genaue Ausgestaltung erarbeiten. Aktuelle Aussagen zu Inhalten der Modernisierung seien zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht möglich.

Lars Klingbeil hat jedenfalls klare Forderungen an die Modernisierung des Bergrechts: „Ich bleibe dabei: Wir müssen zu strengeren Auflagen bei der Erdgasförderung kommen und den Landkreisen mehr Mitspracherecht geben, wenn es um den Eingriff in die Heimat und Natur der Menschen vor Ort geht.“ Der SPD-Politiker hat nach eigener Aussage bereits vor zwei Jahren ein Positionspapier vorgelegt, in dem er die Änderung des Bergrechts forderte und auch darauf gedrängt hatte, dieses Thema im Koalitionsvertrag zu verankern. Dem Versorger Wintershall Dea zufolge handelt es sich bei der geplanten Bohrung im Erdgasfeld Weißenmoor um eine konventionelle Bohrung. Klingbeil fordert ein Vetorecht und größeres Mitspracherecht der Landkreise bei solchen Vorhaben. Zudem sehe er die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Eine umfassende Umweltverträglichkeit für Bohrungen sei bisher immer noch keine Pflicht, erinnert der 45-Jährige. Das Landesbergamt (LBEG) hatte jüngst mitgeteilt, dass für das die bestehende Infrastruktur nutzende Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei. Dies habe eine entsprechende Vorprüfung ergeben.

Habeck in der Pflicht

„In den Fördergebieten unserer Region gibt es bisher ungeklärte Krebserkrankungen, Erdbeben und Verunreinigungen von Böden und Gewässern. Bei so extremen Auswirkungen müssen die Landkreise mitsprechen und Einfluss nehmen können, wenn bei uns Gas gefördert werden soll“, erklärt der SPD-Politiker. Er erwarte nun von Habeck und seinem Haus einen aussagekräftigen Änderungsvorschlag zum Bergrecht.

Rückendeckung bekommt Klingbeil vom heimischen Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeldt (CDU) aus Völkersen. Auch er fordert, die Beteiligung der Kommunen bei der angekündigten Modernisierung des Bergrechts im Interesse der betroffenen Bevölkerung zu stärken und dies per Gesetz dingfest zu machen. „Bereits seit meiner früheren Tätigkeit als Bürgermeister des Fleckens Langwedel setze ich mich für eine stärkere Beteiligung vor Ort ein“, betont der Christdemokrat. Allerdings sei er seinerzeit stets auf Abwehrhaltung bei den Beteiligten gestoßen. Mattfeldt erinnert sich noch gut an die „zähen Diskussionen“, die er mit dem damaligen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel geführt habe.

„Die Menschen haben Anspruch darauf, dass ihre Heimat lebenswert bleibt. Die massive Erdgasförderung führt zu Erdstößen und birgt die Gefahr von Boden- und Grundwasserverseuchung. Die Schäden an der Natur, an Gebäuden und Kulturgütern sind bekannt. Außerdem sind solche Gebiete restlos unattraktiv für sensible Produktions- und Forschungsstätten“, zählt der Christdemokrat die negativen Auswirkungen der Gasförderung auf.

Gefahr durch Lagerstättenwasser

Bislang habe die Industrie versprochen, die Gefahren der Förderung beziehungsweise den Umgang mit dem hoch belasteten Lagerstättenwasser zu beseitigen. Überzeugend geliefert habe sie bislang noch nichts, schimpft Mattfeldt. Ein ernsthafter Umgang mit der Problematik und den berechtigten Interessen der betroffenen Bevölkerung sehe anders aus.

Er spannt den Bogen allerdings noch etwas weiter: „Unter dem Eindruck der Versorgungs- und Preislage am deutschen Energiemarkt kommt die Forderung auf, das Fracking als eine Form der Erdgasförderung in Deutschland zuzulassen.“ Der Volksvertreter unterstreicht weiterhin seine ablehnende Haltung gegenüber dem Fracking als Fördertechnologie in bewohnten Gebieten.

„Leider hat die Entscheidung der Ampel, aus der herkömmlichen Energieproduktion mit einem fixen Datum einfach auszusteigen, überhaupt erst dazu geführt, dass wir uns diesem Thema wieder annehmen müssen“, moniert der Konservative. Energie müsse für die Menschen und die Wirtschaft zuverlässig, ausreichend und zu bezahlbaren Preisen verfügbar sein.

VN 30.03.2023