MdB Andreas Mattfeldt äußert sich zum Sparpaket

Spitzenverdiener im Visier
Norbert Lammert fordert Korrekturen am Sparpaket und erntet Widerspruch

Von NORBERT PFEIFER Berlin·Bremen. In der CDU wird die Kritik am Sparpaket der Bundesregierung lauter: Auch Spitzenverdiener sollten einen Beitrag leisten, um so die soziale Balance zu wahren. Christdemokraten und Liberale aus Bremen und der Region widersprechen dieser Sichtweise.

Es sind prominente Christdemokraten, die Nachbesserungen wünschen. Bereits vor der Sparklausur hatte Saarlands Ministerpräsident Peter Müller auch von den Besserverdienenden einen Beitrag zur Etatsanierung gefordert. Nach dem Treffen im Kanzleramt sagt nun Bundestagspräsident Norbert Lammert: „Als Signal für die Notwendigkeit einer breiten, gemeinsamen Anstrengung in unserer Gesellschaft hätte ich mir gewünscht, dass auch die Spitzeneinkünfte einen besonderen Beitrag zu leisten haben.“ Ein Beitrag der Spitzenverdiener wäre „ganz sicher nicht konjunkturschädlich gewesen“. Er sagte voraus, eine entsprechende Initiative werde Thema der parlamentarischen Beratungen zum Sparpaket werden.
Ähnlich äußerte sich der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk. „Da muss mit Sicherheit nachgesteuert werden.“ Die Union habe sich für eine soziale Balance eingesetzt, „kam aber nicht richtig durch“, so Lauk. Der Wirtschaftsrat sei grundsätzlich zu einer Anhebung des Spitzensteuersatzes bereit.

Röwekamp widerspricht „Die Kritik, dass das Sparpaket sozial unausgewogen ist, teile ich ausdrücklich nicht“, sagt dagegen Thomas Röwekamp, CDU-Chef in Bremen. Die Belastungen seien gleichmäßig verteilt. Das, was das Kabinett vorgestellt habe, sei in erster Linie ein Sparpaket. „Es ging nicht darum, die Bevölkerung mit zusätzlichen Maßnahmen zu belasten. Wir haben ja keine Steuerreform gemacht.“ Wer die Bildung stärken wolle, müsse eben bei den Transferleistungen des Staates sparen. „Dieser Ansatz ist richtig.“
Auch der Bremer FDP-Bundestagsabgeordnete Torsten Staffeldt sagt, das Paket treffe alle. Und die Belastung der Besserverdienenden? Staffeldt verweist auf die neue Luftverkehrsabgabe, die differenziert erhoben werden solle. Wer bessere Klassen fliege, müsse auch mehr Geld bezahlen. Darüber hinaus sei ein Dreh an der Steuerschraube schon deswegen der falsche Weg, weil Bürger mit einem höheren Einkommen durch die Progression ohnehin schon viel stärker belastet würden als Menschen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen.
Der Bremer FDP-Chef Oliver Möllenstädt sieht es ebenso. „Wir müssen schauen, dass wir die Leistungsanreize erhalten. Wir wollen die Wirtschaft stärken, darum muss es gehen.“ FDP: Vorwürfe nicht berechtigt Staffeldt ärgert sich über den Vorwurf, die Politik der Koalition sei unsozial. „Die Hälfte des Bundesetats geht inzwischen in den Bereich Arbeit und Soziales. Da kann doch keine Rede davon sein, dass wir die Menschen in eine soziale Kälte zurückstoßen.“ Es gehe den Menschen in Deutschland „auch dann, wenn sie ungewollt arbeitslos werden, immer noch besser als im Rest der Welt“.

Andreas Mattfeldt, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Langwedel, widerspricht ebenfalls Lammert und Co. „Es handelt sich um ein Sparpaket. Es ist nicht klug, in dieser Situation über die Einnahmen zu reden. Denn dann würde man sämtliche Einsparbemühungen ad absurdum führen.“ In den letzten Jahren sei der Bundeshaushalt „in vielen Bereichen sehr aufgebläht worden“.
Als Beispiel nennt er das Elterngeld: Bezieher von Arbeitslosengeld II sollen dies nach den Regierungsplänen nicht mehr bekommen. „Da mag man sich nun aufregen. Aber zur Erinnerung: Das Elterngeld wurde als Lohnersatzleistung konzipiert. Und vor diesem Hintergrund ist klar, dass diejenigen, die keinen Lohn erhalten, auch keinen Ersatz bekommen können.“

Das Sparpaket ist ein Sparpaket, so der Tenor. Doch was kommt danach? Darüber gehen die Meinungen in der CDU auseinander.
Thomas Röwekamp: „Man kann jenseits des Pakets darüber nachdenken, ob es im Zusammenhang mit der Etatsanierung auch über das Sparen hinaus Einkünfteverbesserungen geben kann. Aber das ist ein anderes Kapitel.“ Denkbar sei die Erhöhung der sogenannten Reichensteuer – also des Spitzensteuersatzes, der ab einem Einkommen von 250000 Euro fällig wird und bei 45 Prozent liegt.

Auch Mattfeldt kann sich höhere Steuern in ein oder zwei Jahren vorstellen. Er nennt ebenfalls die Reichensteuer sowie den normalen Spitzensteuersatz von 42 Prozent, der ab einem Jahreseinkommen von 53000 Euro greift. Derzeit sei das mit der FDP noch nicht zu machen, aber vielleicht denke sie um – „schon deswegen, weil die Wirtschaft diese Anhebung von sich aus anbietet“.

Generell gegen höhere Steuern ist dagegen Reinhard Grindel, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Rotenburg. „Wir haben vor der Wahl gesagt, dass es auf keinen Fall Steuererhöhungen gibt. Daran müssen wir uns halten, vor allem in einer Zeit, wo die Menschen zu wenig Vertrauen in die Politik haben.“ Er führt ein weiteres Argument an: Höhere Einkommensteuern träfen gerade auch den Mittelstand. Dann würde weniger investiert. Eine soziale Schieflage sieht Grindel nicht, „die offenbar taktische Position von Herrn Lammert“ teile er nicht.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Verdener Nachrichten Seite: 2 Datum: 10.06.2010