MdB Andreas Mattfeldt im Interview

 

„Nichtstun ist immer die schlechteste Lösung“

Interview mit MdB Andreas Mattfeldt über Eurokrise und Steuererhöhungen

Geschichte und Gegenwart, heißt der dicke Bildband über das Leben von Altkanzler Helmut Kohl, den der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt in seinem Büro liegen hat. Geschichte und Gegenwart – das betrifft auch die derzeitige Debatte um die Milliardenlöcher im Haushalt und die Stabilisierung des Euros.

Die Redakteure Wilfried Bendul und Uwe Dammann sprachen mit Andreas Mattfeldt als Mitglied des Haushaltsausschusses über seine Arbeit in Berlin, den Euro und das heikle Thema Steuererhöhungen.

 

Herr Mattfeldt, Sie gelten aus Ihrer Zeit als Langwedeler Bürgermeister als sparsamer Haushalter, der jede Ausgabe auf den Prüfstand stellt. Da muss es Ihnen doch wehtun, wenn jetzt so viele Milliarden versprochen werden, um den Euro zu stützen, die nur über Kredite finanziert werden?

Mattfeldt: Das tut es auch. Aber Nichtstun ist immer die schlechteste Lösung und angesichts der allgemeinen Finanzkrise auch schlicht unmöglich. Wir müssen versuchen, den Euro zu stabilisieren, ansonsten kommt es zu weit größeren Problemen innerhalb der EU, die unser Land noch mehr belasten würden. Es gibt keine vernünftige Alternative zu der derzeitigen Politik.

Milliardenkredite sind die eine Seite, muss auf der anderen Seite jetzt nicht eisern gespart werden?

Es ist klar, dass wir auch in Deutschland künftig nicht umhin kommen werden, dass wir jeden Haushaltsposten in jedem Ressort auf den Prüfstand stellen müssen. Aus meiner Sicht können so gut wie überall noch Einsparungen vorgenommen werden – ob das der Wehretat ist, oder der Etat für den Straßenbau oder der Sozialbereich. Lediglich die internationalen Einsätze der Bundeswehr, wie derzeit in Afghanistan, nehme ich ausdrücklich davon aus.

Warum soll ausgerechnet der Afghanistaneinsatz ausgespart werden?
Weil es für Leib und Leben unserer Soldaten in Afghanistan unverantwortlich ist, an ihrer militärischen Ausrüstung zu sparen. Sie brauchen für ihren schwierigen Einsatz, für den es vorerst keine andere politische Lösung gibt, die bestmögliche Ausstattung, um sich selbst schützen zu können.

 Da ist vermutlich auch kein Platz für Steuererleichterungen oder den Wegfall des Solidaritätszuschlages?

Das passt überhaupt nicht in die Zeit. Das hat ja jetzt auch unser Koalitionspartner FDP eingesehen. Und natürlich ist auch der Solidaritätszuschlag mittlerweile zur zusätzlichen Steuereinnahmequelle geworden, auf die zurzeit nicht verzichtet werden kann.

 Haben wir in der Vergangenheit über unsere Verhältnisse gelebt?

Ja, natürlich. Vieles ist politisch wünschenswert. Aber es muss auch bezahlt werden können. Es gibt in vielen Ressorts viele Programme, die viel Geld kosten und von denen ich behaupte, dass es kaum jemand bemerkt, wenn sie verschwunden sind.

 Sind weitere Steuererhöhungen geplant, um die Einnahmesituation des Bundes zu verbessern?

Führende Wirtschaftsbeobachter gehen davon aus, dass die Mehrwertsteuer erhöht werden könnte.

Nein, das ist kein probates Mittel. Ich denke, dass sich alle Fraktionen darüber einig sind, dass so ein Schritt nur die Binnennachfrage weiter sinken lassen würde.

 Die Bundesrepublik verfügt, im Vergleich zu anderen Ländern, über hohe Goldreserven. Könnte man über den Verkauf einiger Goldanteile nicht die Einnahmesituation verbessern?

Das ist ein möglicher Schritt. Ein Teil des Goldes könnte die Bundesrepublik sicherlich verkaufen, um die Einnahmesituation zu verbessern. Insgesamt wird das aber nicht ausreichen, um den Etat deutlich zu entlasten. Und es gilt das alte Prinzip: Verkaufen kann man nur einmal.

 Zurück zur Arbeit im Wahlkreis: Was tun Sie als Parlamentarier in Berlin für die Region Verden/Osterholz?

Ich versuche nach wie vor, häufig im Wahlkreis präsent zu sein, um den Kontakt zur Region und ihren Menschen nicht zu verlieren. Ich treffe mich dabei – im übrigen parteiübergreifend – mit kommunalpolitischen Vertretern, um beispielsweise in Achim etwas für den Autobahnanschluss für das Gewerbegebiet in Uphusen zu tun. Außerdem habe ich sämtliche Bürgermeister aufgefordert, mir ihre Probleme mit der Bahn AG einmal aufzulisten. Mit den Inhalten dieser Liste habe ich im direkten Gespräch Vertreter der Bahn AG in Berlin konfrontiert. Als Ergebnis haben wir zum Beispiel einen klaren terminlichen Zeitplan zur Realisierung von Lärmschutzmaßnahmen bekommen.

 Beruflich sind Sie offensichtlich in Berlin angekommen, haben Sie sich auch schon privat eingelebt?

Ich habe eine kleine Wohnung ganz in der Nähe des Regierungsviertels und kann mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Die meisten Einladungen, die man als Abgeordneter abends bekommt, ignoriere ich. Da habe ich weder Zeit noch Lust dazu, all diese Termine wahrzunehmen. Die Stadt Berlin ist aber ansonsten natürlich faszinierend und spannend und bietet jeden Tag etwas Neues.

 

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Verden Stadt und Land Seite: 5 Datum: 22.05.2010