Modellprojekt für den Breitbandausbau

Modellprojekt für den Breitbandausbau

Schnelle Datenautobahn für Benkel
Kleines Dorf soll zur Vorzeigegemeinde für DSL-Anschlüsse werden / Kabel werden über Abwasserrohre verlegt

Von Uwe Dammann Landkreis Verden. Von der digitalen Steinzeit auf die Schnellspur der Datenautobahn. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt bringt es auf den Punkt: Der kleine Ort Benkel – am äußersten Nordrand des Landkreises Verden gelegen – wird zur Vorzeigegemeinde für schnelles Internet. 31 Häuser stehen hier, in denen 39 Familien mit insgesamt rund 90 Personen wohnen. Diese Haushalte sollen noch in diesem Jahr einen Internetanschluss erhalten, der schneller ist, als alle bisherigen Angebote in der Region.

Warum ausgerechnet das kleine Benkel?, wird sich da mancher fragen, der sich ebenfalls eine schnelle Datenautobahn gewünscht hat. Die Antwort ist einfach: In Benkel gibt es eine rührige Bürgerinitiative, die sich für schnelles Internet eingesetzt hat. Die BI hat sich direkt an Bundeskanzlerin Merkel gewandt, um sie an ihr Wahlversprechen zu erinnern, dass auch auf dem flachen Land in naher Zukunft DSL verlegt werden soll. Nun ist der kleine Ort – als einer von zweien in Niedersachsen – für ein Modellprojekt für den Breitbandausbau ausgewählt worden. Für 500000 Euro – davon kommen 450000 aus einem Fördertopf der Bundesregierung – soll das Breitbandangebot mit einer innovativen technischen Lösung verbessert werden. „Die Kanzlerin weiß jetzt, wo Benkel liegt“, sagt der Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt schmunzelnd. Er ist froh, dass so ein Modellprojekt in seinem Wahlkreis verwirklicht werden kann.

Innovative technische LösungDie für die Förderung aus Bundesmitteln geforderte innovative technische Lösung hat sich eine Ottersberger Firma einfallen lassen. Das Unternehmen hat gemeinsam mit dem Flecken Ottersberg und dem gemeindeeigenen E-Werk als Mitsponsor des Vorhabens, die Teilnahmepapiere an dem Wettbewerb erarbeitet. Das Unternehmen „Wobesco“ mit Geschäftsführer Nico Bastian Wolff und dem Leiter Projektentwicklung, Diplom-Ingenieur Hans-Peter Wolff, will mit Hilfe eines Roboters das Breitbandkabel im oberen Teil der Abwasserrohre der Gemeinde montieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Das Kabel muss nicht extra im Boden verlegt werden, die Arbeitsmethode ist relativ einfach und zügig umsetzbar und bietet eine Möglichkeit, Regionen kostengünstig zu erschließen. Das Kabel wird so bis zu den einzelnen Grundstücken geführt und kann hier von Verteilerzentren direkt vom Haus aus angezapft werden.
Wie berichtet, waren Narthauen und Benkel bisher weiße Flecken in der schnellen Internetversorgung im Landkreis Verden. Ein Missstand, den Viele im Dorf beklagten. „Bei uns gibt es etliche Menschen, für die beruflich und privat eine gute Anbindung an das schnelle Datennetz erforderlich ist“, hatte Klaus Werner als Sprecher der Bürgerinitiative bei Treffen im Rathaus mit Bürgermeister Hofmann moniert. Eine Familie sei bereits weggezogen. Unter anderem auch deshalb, weil berufliche Nachteile durch den fehlenden Datenfluss zu gravierend wurden und die Eltern sich um die Bildungschancen ihrer Kinder sorgten. Auch die Studenten und Schüler aus dem Ort beklagen, dass sie erhebliche Nachteile bei der Informationsbeschaffung erfahren. Selbstständige Faktensammlung werde mittlerweile seitens der Schulen und Hochschulen erwartet. Ohne ausreichende DSL-Anbindung könne man nur bedingt am öffentlichen Leben teilnehmen, hatte sich die BI beklagt und sich vor etwa einem Jahr mit ihrem Anliegen direkt in einem Schreiben an die Bundeskanzlerin gewandt. Das Bundeskanzleramt hat offensichtlich reagiert. Über das zuständige Ministerium und dem Abgeordneten Mattfeldt wurde der Flecken auf einen Förderwettbewerb hingewiesen. „Wir haben, gemeinsam mit der Firma Wobesco, die Unterlagen im November eingereicht und jetzt als eine von zwei Kommunen in Niedersachsen die Zusage für die Förderung erhalten“, sagt Bürgermeister Horst Hofmann erfreut. Die Restsumme dieser Erschließungsmaßnahme in Höhe von von 50000 Euro übernimmt das Ottersberger E-Werk aus seinem Haushalt. „Auch für uns ist das ein Modellprojekt, weil wir uns dabei dabei einen Synenergieeffekt erhoffen“, sagt E-Werk-Chef Carsten Haverkamp. Man könne über ein weiteres Kabel im Abwasserrohr dafür sorgen, den Stromverbrauch der angeschlossenen Haushalte elektronisch abzulesen.

Auf die Nutzer des schnellen Internets kommt eine Anschlussgebühr zu, da das Breitband jeweils nur bis zu einem Verteiler auf die jeweiligen Grundstücke gelegt wird. Mit rund 150 Euro pro Haushalt ist zu rechnen, sagen die Firmenvertreter von Wobesco. Die Erschließung der Ortsteile Narthauen und Benkel mit dem Breitband ist bis Ende 2011 geplant. „Hier werden dann Übertragungsraten bis zu 50 MBit/s realisierbar. Der Download eines Songs ist dann mit einem Klick möglich. Wenn Sie den Button betätigt haben, ist das Lied schon auf dem Rechner geladen“, sagt Ingenieur Hans-Peter Wolff.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 19.02.2011