Neues Konzept für Mehrgenerationenhäuser

Neues Konzept für Mehrgenerationenhäuser
Bund knüpft weitere Förderung an Bedingungen / Einrichtungen sollen sich mehr um Demenzkranke kümmern

 
Von Hans Ettemeyer
Osterholz-Scharmbeck. Sie sind der Stolz der Dörfer und Stadtteile: Die vor sieben Jahren durch die damalige niedersächsische Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) initiierten und seit fünf Jahren vom Bund geförderten Mehrgenerationenhäuser. Ende des Jahres läuft die Bundesförderung aus. Ein abgespecktes Folgeprogramm ist an neue Angebotsschwerpunkte geknüpft. Besonders die Umsetzung des Bereichs „Alter und Pflege“ erweist sich für einige Einrichtungen als schwierig.
500 Mehrgenerationenhäuser (MGH) gibt es bundesweit, 34 davon stehen in Niedersachsen, unter anderem in Dörverden-Westen (Kreis Verden), in Waffensen (Kreis Rotenburg), in Osterholz-Scharmbeck sowie in Brinkum und Barnstorf (Kreis Diepholz). Das Angebot in den MGH richtet sich an Menschen aller Altersgruppen. Es reicht von der Kinderbetreuung über regelmäßige Mittagstische für Senioren und Kinder, Weiterbildung für Jung und Alt, Freizeitaktivitäten bis hin zur Beratung in Gesundheitsfragen. Die Häuser werden von Vereinen oder den Kommunen betrieben, mit Teilzeitbeschäftigten und mit großem ehrenamtlichen Engagement. Fünf Jahre lang hat der Bund jede Einrichtung pro Jahr mit 40000 Euro bezuschusst.
Künftig will Berlin nur noch 30000 Euro zahlen. „Die Reduzierung ist besser als gar keine Förderung“, sagt der Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt (CDU) aus Langwedel. Er ist im Haushaltsausschuss Berichterstatter für den Etat des Familienministeriums und damit bestens vertraut mit dem neuen Förderprogramm für Mehrgenerationenhäuser. In den vergangenen Wochen hat er mehrere Einrichtungen in der Region besucht.
Auch in Zukunft werde der generationenübergreifende Ansatz die Arbeit der Häuser prägen, so Mattfeldt. Doch mit dem Folgeprogramm wolle das Bundesfamilienministerium auch neue inhaltliche Schwerpunkte setzen. Einer betrifft den Bereich „Alter und Pflege“, der unter anderem ein Unterstützungs- und Beratungsangebot für ältere Menschen, Pflegebedürftige und Demenzkranke und ihre Angehörigen vorsieht. „Das bereitet uns Kopfschmerzen“, erfuhr Mattfeldt bei seinem Besuch im MGH Schaumlöffel in Brinkum von Ralf Sbresny, Mitglied im Vorstand der Bürgerstiftung Stuhr, die das Haus betreibt. Im Brinkumer MGH wurden bis vor zwei Jahren Demenzkranke betreut. Doch das habe sich nicht bewährt, so Sbresny. Es sei dann die Einrichtung Pro Dem gegründet worden, die sich jetzt in unmittelbarer Nachbarschaft ausschließlich um Demenzkranke kümmere. Gleichwohl komme es in Brinkum auch weiterhin zu Begegnungen zwischen Betreuten aus Pro Dem und Nutzern des MGH, unter anderem beim gemeinsamen Mittagstisch.
Auch Mattfeldt steht der Betreuung von Demenzkranken in MGH kritisch gegenüber. Das lasse sich kaum mit den anderen Aufgaben eines Mehrgenerationenhauses vereinbaren. Inzwischen böten das auch nur noch ganz wenige Häuser an. Die Demenzbetreuung geht zurück auf die MGH-Initiatorin von der Leyen.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Verdener Nachrichten Seite: 11 Datum: 08.04.2011

 

Das MGH Brinkum will künftig das Angebot im Bereich „Integration und Bildung“ verstärken – ein weiterer neuer Schwerpunkt. Es sei zum Beispiel daran gedacht, dass ältere Menschen Kindern mit Migrationshintergrund bei den Hausaufgaben helfen, so Ralf Sbresny. Auf den Bereich Jugend- und Familienförderung setzt auch das MGH Osterholz-Scharmbeck, wie Eberhard Deutsch vom Trägerverein Familienzentrum sagt. Schon jetzt gibt es eine Gruppe für Kinder von Berufstätigen, die vormittags oder nachmittags betreut werden. Das Angebot gilt für Jungen und Mädchen bis zu einem Alter von drei Jahren. Für Schulkinder bis zur fünften Klasse wird ein Mittagessen und Hausaufgabenaufsicht angeboten. „Keine Hausaufgabenhilfe“, so Deutsch, „wir wollen nicht als Konkurrenz zu den Schülerhilfen auftreten.“
„Pflege können wir nicht leisten“ Die Betreuung von Demenzkranken ist in Osterholz-Scharmbeck kein Thema. „Pflege können wir nicht leisten“, sagt Deutsch. Es bestehe aber eine Kooperation zwischen dem MGH und der Seniorenbegegnungsstätte in der Nachbarschaft.
Auch das MGH in Barnstorf hofft für den Bereich „Alter und Pflege“ auf eine Kooperation. Die Samtgemeinde plant für das MGH einen Neubau an zentraler Stelle. „Wir wollen noch im Sommer mit dem Bau beginnen“, sagt Ingrid Voß, die zuständige Fachbereichsleiterin der Samtgemeinde. Unmittelbar neben dem Neubau sei ein Haus für Demenzkranke geplant. „Da wird es sicher zu einer Zusammenarbeit zwischen den Trägern kommen“, so Voß. Träger des MGH Barnstorf ist der Verein „Igel“. Ihm soll der Neubau mietfrei zur Verfügung gestellt werden.
In Dörverden hat die Gemeinde jetzt selbst die Trägerschaft für das MGH im Ortsteil Westen übernommen. „Wir wollen das Angebot ausweiten“, sagt Bürgermeisterin Karin Meyer. Was den Bereich „Alter und Pflege“ angehe, stehe man in engem Kontakt mit dem Pflegestützpunkt des Landkreises in Verden. Geplant sei, ein Betreuungsangebot für Betroffene und Unterstützung für Angehörige anzubieten.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Verdener Nachrichten Seite: 11 Datum: 08.04.2011