Sommerreihe „Den Reichstag entdecken“ – Teil 5

Station 5: Westbalkon

Heute: Durch die moderne Schiebetür hinaus treten, auf den Westbalkon des Reichstages und den Ausblick genießen. Die Augen schweifen lassen über den Tiergarten, die grüne Lunge Berlins, zur Linken, das Haus der Kulturen der Welt, zu dem die Berliner schwangere Auster sagen, bis hinüber zum Bundeskanzleramt und der Schweizer Botschaft.

1918: Ein etwas anderes Bild. Unzählige Bürger hatten sich auf dem Platz der Republik versammelt. Berlin war Haupt-Schauplatz der Revolution, die sich im November wie ein Lauffeuer im Deutschen Reich verbreitete. Weite Kreise der deutschen Bevölkerung, kriegsmüde und verängstigt, hatten ihr Vertrauen in die kaiserliche Regierung verloren, nachdem der erste Weltkrieg Verwüstung und Zerstörung, Nahrungsmittelengpässe und viele Opfer hervorgebracht hatte. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Philip Scheidemann, war sich der Stimmung bewusst, die leicht in einem Aufstand durch die äußerste Linke oder einem Militärputsch hätte enden können und trat auf einen der Westbalkone, um vor der versammelten Menge die Republik auszurufen. Auch wenn Scheidemann zunächst auf Widerstand sogar in den eigenen Reihen stoß und wenig später Karl Liebknecht noch die Räterepublik verkündete, war seine Handlung der erste Schritt in die parlamentarische Demokratie. 

Einmal auf diesem Balkon Halt zu machen ist daher für die meisten Besucher ein spannender Moment.

Philip Scheidemann hatte im Glauben an die parlamentarische Demokratie gehandelt. Das Handeln heutiger Politiker basiert ebenso auf Überzeugung und dem Glauben an etwas. So orientiert sich die CDU, symbolisiert durch das C, an christlichen Werten. Und doch ist mancher überrascht, welcher Raum sich im Südfoyer des Reichstages verborgen hält.