Turbulente Zeiten für Neulinge

Turbulente Zeiten für Neulinge

 

CDU-Bundestagsabgeordneter Andreas Mattfeldt berichtete vom ersten Jahr in Berlin

Von Brigitte Lange Hambergen. Er kam als einer von ihnen: leger im Pullover und mit Appetit auf Labskaus. In Lübberstedt suchte der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt die Nähe zur Basis. Sigrid Menning, Vorsitzende des Hamberger CDU-Samtgemeindeverbandes, hatte ihn eingeladen. Sie hatte ihn gebeten, rund ein Jahr nach seinem Einzug ins Parlament den Bürgern in seinem Wahlkreis einen Einblick in die Arbeit in Berlin zu geben.
Der frühere Bürgermeister des Fleckens Langwedel im Landkreis Verden berichtete von seinem Sprung in die Hauptstadt. Davon, wie er – der als Bürgermeister jeden kannte – nun nur einer unter 600 Parlamentariern ist. „Da muss man einige Freunde haben, um etwas umzusetzen“, sagte er und bemerkte, dass er es als Neuling in den Haushaltsausschuss und als stellvertretendes Mitglied in den Finanzausschuss geschafft habe – dank Fürsprechern wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.


„Wir mussten im ersten Jahr so weitreichende Entscheidungen treffen, die für eine ganze Legislaturperiode gereicht hätten“, verließ er seine eigene Vita und wandte sich dem politischen Geschehen zu. Er erinnerte etwa an Griechenland, dessen Finanzmisere die Europäische Union bedrohte. Dass Kanzlerin Angela Merkel an die Hilfe für Griechenland Bedingungen geknüpft habe, befürwortete er.
Den Haushalt 2010 – mit einer Rekord-Neuverschuldung von über 80 Milliarden Euro – streifte Mattfeldt. Er betonte aber, dass die eingeplante Schuldenbremse nicht verhandelbar sei, und Deutschland diesbezüglich für viele Länder Vorbild sei. Dass es den Kommunen „in der Tat nicht gut“ gehe, räumte er ein. „Deshalb ist eine Gemeindefinanzkommission eingesetzt worden.“ Es werde überlegt, wie die Kommunen entlastet werden könnten. Etwa indem das Vergabeverfahren für sie vereinfacht würde, oder sie einen Teil der Umsatzsteuer erhielten. Denkbar ist für Mattfeldt eine Entlastung bei den Aufgaben. Aber nicht alle Kommunen seien unverschuldet in die Misere geschlittert, sagte er. Die, die schon 2008 ihren Haushalt nicht ausgleichen konnten, hätten sich vielleicht zu viel aufgebürdet: „Es gibt Räte, die leben über ihre Verhältnisse.“ Denn 2008 hätten die Kommunen die höchsten Einnahmen seit Bestehen der Bundesrepublik verzeichnet.
Die Thilo Sarazzin-Debatte, „die ihresgleichen sucht“, nahm Mattfeldt zum Anlass, einen Blick auf die Integrationspolitik zu werfen. Er kritisierte, dass zuviel „gesabbelt“ werde, den Worten keine Taten folgten. So warb er für die Idee der Sprachförderung: „Sprache ist die Basis, um in diesem Land Fuß zu fassen.“ Gleichzeitig warnte er davor, die Ausgaben für die Sozialdienstleistungen ständig weiter aufzustocken. „Immer mehr Geld bedeutet nicht, dass ein Land sozialer wird“, sagte er. Auch Integration werde nicht mit Hilfe von mehr Geld erkauft. Der 40-Jährige sprach sich für Bedingungen aus, die an Sozialdienstleistungen geknüpft würden – nicht nur für Immigranten, für alle Betroffenen.
Mattfelds Bericht war ein Parforce-Ritt durch die aktuelle Politik. Er warb für die Pläne des Bundesverteidigungsministers die Wehrpflicht auszusetzen, lehnte ihre Abschaffung aber ab. Die Verlängerung der Laufzeit für Atomkraftwerke war für ihn unvermeidlich – als Überbrückung, bis der Ausstieg bezahlbar sei. Noch sei Strom aus erneuerbaren Energien zu teuer. Das werde sich in den nächsten Jahren ändern.
Sprach’s und machte sich zu weiteren Debatten auf den Weg nach Berlin.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 24.09.2010