Wohnen steht hoch im Kurs

Wohnen, nicht störendes Gewerbe, Sport und vielleicht ein bisschen mehr Kultur: Dies sind die Vorstellungen, die Schwaneweder Bürger über die Zukunft der jetzigen Lützow-Kaserne haben – eine kleine Umfrage.

VON Ulf BUSCHMANN

Schwanewede. Noch geht alles seinen üblichen Gang: Wer das Gelände der Schwaneweder Lützow-Kaserne verlässt, zeigt seine Genehmigung vor und die Wachen wünschen nach der Kontrolle ein schönes Wochenende. Hier und da kommt ein Soldat ins Wachgebäude. So oder ähnlich geht es am Standort tagein und tagaus, und das seit mehr als 50 Jahren. Aber damit ist es in naher Zukunft vorbei.

Spätestens Anfang 2016 werden die Militärs die Kaserne an die Schwaneweder Zivilisten übergeben – „besenrein“, wie Bürgermeister Harald Stehnken (SPD) sagt. Genau genommen solle es Ende 2015 sein, „doch die brauchen noch bis Januar“. Bis dahin dürfte längst klar sein, was mit dem rund 500 Hektar großen Übungsplatz wird, der zurzeit noch von der Logistikschule in Garlstedt mit Beschlag belegt wird. „Seine Zukunft entscheidet sich Mitte oder Ende September“, weiß der für Schwanewede zuständige CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt (CDU).
Derweil ist die Diskussion darüber, was mit dem 30 Hektar großen und sehr grünen Kasernengelände geschehen soll, in vollem Gange. Politik und Verwaltung haben die große Entwicklungslinie längst festgelegt: Wohnen und Gewerbe sollten sich in diesem Teil der Gemeinde entwickeln können. Und das am besten eher gestern als heute, wie aus Kreisen von Politik und Verwaltung zu hören ist.

Zwar ist noch nicht klar, wie der neue zivile Teil der Gemeinde in knapp vier Jahren aussehen wird, doch mit ihrer ausgegebenen Marschroute stoßen die Verantwortlichen im Rathaus durchaus auf Zustimmung in der Bevölkerung, wie eine kleine, natürlich nicht repräsentative Umfrage ergeben hat.
„Wohnen ist schön“, findet etwa Britta Strohwald, Inhaberin von „La vie en rose“ an der Hospitalstraße. Sie kann sich aber genauso vorstellen, dass dort, wo Frauen und Männer jetzt noch das Strammstehen praktizieren, kleinteiliges Gewerbe seinen Platz findet. Laute Betriebe möchte Britta Strohwald dort nicht sehen. Steuerberater Thomas Vogt schließt sich ihrer Meinung im Wesentlichen an. Er plädiert neben Angeboten in Sachen Wohnen für „mehr Büroraum im gewerblichen Bereich“. Thomas Vogt werde immer wieder von Mandanten danach gefragt, doch scheinbar scheine es innerhalb der Gemeinde kein entsprechend großes Angebot zu geben.
Der Steuerberater bringt darüber hinaus die „Rückkehr des Modellflugplatzes“ ins Gespräch. Hintergrund: Er ist selbst Modellflieger und musste mit seinen Vereinskameraden das in der Szene sehr beliebte und entsprechend frequentierte Areal in Schwanewede vor einigen Jahren räumen. Die Modellflieger wären ein Teil eines zusätzlichen Freizeitangebots in Schwanewede, das von der Bevölkerung durchaus gewünscht wird.
So würde sich Marianne Meuche, Übungsleiterin im Bereich Kinderturnen des TV Schwanewede freuen, wenn die Gemeinde die Sportanlagen der Bundeswehr übernimmt. „An Hallen ist immer Bedarf“, sagt Marianne Meuche. Die Sportstätten der Bundeswehr indes weisen jedoch erhebliche bauliche Mängel auf. Darüber sind die Ortspolitiker und Vertreter der Verwaltung ganz und gar nicht begeistert.
Und ob sie sich dafür erweichen lassen, das lokale Kulturangebot zu erweitern, steht ebenfalls noch nicht fest. Das in diesem Bereich wenigstens etwas mehr geschieht, ist der Wunsch von Karen Seehausen. Damit könnte sie zumindest bei der sozialdemokratischen Mehrheitsfraktion im Gemeinderat „auf offene Ohren“ stoßen, wie die Vorsitzende Christina Jantz meint. Und: „Wir sind für eine vielfältige Nutzung.“
Wie es mit der Kaserne nach dem Abzug der Bundeswehr weitergehen soll, steht nach Auskunft von Björn Ohland, zweiter Vorsitzender des Gewerbevereins Schwanewede, im Mittelpunkt einer im Herbst geplanten Informations- und Diskussionsveranstaltung für Mitglieder des Verbandes und Interessierte. Das Areal biete „sehr viele Möglichkeiten“ dafür, dass Wohnen und Gewerbe nebeneinander funktionierten, ist sich Ohland sicher. Als positives Beispiel nennt er die erfolgreiche Vermarktung des Gewerbeparks Weser-Geest, der in seinem früheren Leben ebenfalls eine Kaserne war.
Doch hinsichtlich der jetzigen Lützow-Kaserne gelte es, „erst einmal die Rahmenbedingungen abzuwarten“. Gleichwohl hebt der Gewerbevereins-Vize schon jetzt hervor: „Schwanewede ist am Wachsen. Die freien Flächen werden benötigt.“

Norddeutsche vom 09.07.2012